LSG Niedersachsen-Bremen: Gesetzliche Krankenkassen müssen Transsexuellen keine Barthaarentfernung bezahlen

Transsexuelle haben gegen ihre gesetzliche Krankenkasse keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme für eine Barthaarentfernung mittels einer Elektronadel-Epilation in einem Kosmetikstudio. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 17.03.2020 entschieden. Der Arztvorbehalt stehe dieser Leistung entgegen, selbst wenn keine Vertragsärzte die Behandlung anböten. Es obliege dem Gesetzgeber, eine entsprechende Gesetzesgrundlage zu schaffen. Das LSG hat die Revision zugelassen (Az.: L 16 KR 462/19, BeckRS 2020, 4755).

Transsexuelle begehrte Kostenübernahme für Elektronadel-Epilation bei Kosmetikerin

Zugrunde lag das Verfahren einer Frau, die als Mann geboren wurde und eine operative Geschlechtsangleichung durchführen ließ. Nach der Operation sollten die Barthaare entfernt werden. Eine Laser-Epilation bei ihrem Hautarzt brachte zunächst gute Erfolge. Es verblieben jedoch einige weißhaarige Bereiche, bei denen der Laser nicht wirkte. Von ihrer Krankenkasse verlangte die Frau daher die Kostenübernahme für eine Nadelepilation in einem Kosmetikstudio. Sie teilte dazu mit, dass weißliche, borstige Haare nur mit der Elektronadel entfernt werden könnten. Es gäbe keinen Arzt, der diese Behandlung anbieten würde. Für ihre Kosmetikerin sei es jedoch eine Standardtherapie.

Krankenkasse: Nadelepilationen dürfen nur von Dermatologen erbracht werden

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, da eine Nadelepilation innerhalb des gesetzlichen Systems nur von Dermatologen erbracht werden dürfe. Auch wenn faktisch keine Ärzte diese Behandlung erbringen würden, so liege es am Gesetzgeber beziehungsweise der Kassenärztlichen Vereinigung, weitere Berufsgruppen anzuerkennen.

LSG: Systemversagen begründet keine Ausnahme vom Arztvorbehalt

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Eine Epilationsbehandlung unterliege dem Arztvorbehalt. Hierfür gebe es auch keine Ausnahmen. Zwar sei es als sogenanntes Systemversagen zu bewerten, dass keine Ärzte die benötigte Behandlung anbieten würden. Gleichwohl folge daraus kein Anspruch auf eine Leistung durch eine andere Berufsgruppe. Denn die Krankenkassen könnten nach ihrem Aufgabenkreis nur auf systeminterne Leistungen für ihre Versicherten zugreifen. Weiteres sei für die Kasse rechtlich unmöglich und könne allein vom Gesetzgeber geregelt werden. Die Gerichte seien hierzu nicht befugt. 

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.04.2020 - L 16 KR 462/19

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2020.