LSG Baden-Württemberg: Sturz einer Kurpatientin auf dem Rückweg von abendlichem Kneipenbesuch kein Arbeitsunfall

Ein abendlicher Gaststättenbesuch einer Gruppe von Rehabilitanden außerhalb der Reha-Einrichtung ist dem privaten Bereich zuzuordnen, da nicht die Förderung des Kurerfolgs, sondern private Geselligkeit, Entspannung und das Genusserleben durch Essen und Trinken im Vordergrund stehen. Ein dabei erlittener Sturz auf dem nächtlichen Heimweg unterfällt daher nicht dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 23.03.2018 entschieden (Az.: L 8 U 3286/17).

Kurpatientin brach sich auf Rückweg vom Gaststättenbesuch linken Ringfinger

Geklagt hatte eine 53-jährige Frau, die wegen einer psychischen Erkrankung im Herbst 2016 für 3 Wochen zur Kur war. An einem Samstagabend war sie mit einigen Mitrehabilitanden in einer Gaststätte außerhalb der Reha-Klinik. Auf dem Rückweg stolperte sie gegen 22:30 Uhr, fiel auf die linke Hand und brach sich den linken Ringfinger. Bei der beklagten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft beantragte sie die Anerkennung als Arbeitsunfall. Sie machte geltend, der Ausflug sei Teil der Therapie gewesen und von den Ärzten der Klinik empfohlen worden.

Unfallversicherung lehnte Anerkennung als Arbeitsunfall ab

Die Berufsgenossenschaft fragte in der Klinik nach und erhielt die Auskunft, der abendliche Ausflug habe zur privaten Freizeitgestaltung der Rehabilitanden gehört und sei ärztlicherseits nicht verordnet worden. Die Patienten bekämen lediglich die allgemeine Empfehlung, Freizeitaktivitäten zusammen mit Mitpatienten ihrer Bezugsgruppe zu unternehmen. Die Gruppe sei auch nicht von medizinischem bzw. therapeutischem Fachpersonal der Klinik begleitet worden. Hierauf gestützt, lehnte die Unfallversicherung die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Patientin vergeblich Klage und legte schließlich Berufung ein.

LSG: Kurpatienten nur im Zusammenhang mit Reha-Maßnahmen unfallversichert

Das Landessozialgericht hat der Berufsgenossenschaft auch in der Berufungsinstanz Recht gegeben. Zwar stünden Personen, die auf Kosten eines Rehabilitations-Trägers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gelte aber nicht für jedwede Tätigkeit/Aktivität während der Kur, sondern nur, wenn ein spezifischer sachlicher Zusammenhang gerade zu den durchgeführten Reha-Maßnahmen bestehe. Risiken, die einem Versicherten in dessen Freizeit begegnen, seien, wie auch zu Hause, nicht vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst.

Ausflug war rein privater Natur und diente nicht Rehabilitationszwecken

Vorliegend diente der Ausflug nicht speziell der stationären Behandlung und wäre auch nicht auf den Rehabilitationszweck ausgerichtet gewesen. Vorrangige Ziele und Zwecke des Ausflugs seien selbst nach Angaben der Klägerin Entspannung, Genusserleben durch Essen und Trinken und Geselligkeit in “heimeliger Atmosphäre“ gewesen. Der Spaziergang, die Einkehr in die Gaststätte und der anschließende Rückweg zur Reha-Klinik seien nicht ärztlich angeordnet oder therapeutisch überwacht und begleitet gewesen. Alleine die Empfehlung der Klinik, an solchen eigeninitiierten Aktivitäten teilzunehmen, ersetze nicht die ärztliche Anordnung, Betreuung oder Überwachung.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2018 - L 8 U 3286/17

Redaktion beck-aktuell, 17. April 2018.