LG Tübingen: Nachträgliche Negativzinsen bei Bestandseinlagen von Privatkunden unzulässig

Die nachträgliche Einführung von Negativzinsen per AGB in Bestandsverträge über Einlagen von Privatkunden ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Vorschriften unvereinbar und daher unzulässig. Dies hat das Landgericht Tübingen mit Urteil vom 26.01.2018 entschieden und einer Unterlassungsklage gegen die Volksbank Reutlingen stattgegeben. Da es keine Unterscheidung zwischen Alt- und Neuverträgen in den Klauseln gegeben habe, seien die Klauseln insgesamt für unwirksam erklärt worden, so das LG (Az.: 4 O 187/17).

Volksbank führte Negativzinsen durch AGB-Änderung ein

Die Volksbank Reutlingen hatte durch eine Änderung ihrer AGB Negativzinsen für bestimmte Tages- und Festgeldkonten von Privatkunden eingeführt. Deswegen mahnte sie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ab. Die Volksbank änderte daraufhin ihren Preisaushang  und nahm die Negativzinsen zurück. Allerdings gab sie nicht die geforderte Unterlassungserklärung ab, sodass die Verbraucherzentrale schließlich auf Unterlassung klagte.

Verbraucherzentrale rügte unangemessene Kundenbenachteiligung

Die Verbraucherzentrale machte unter anderem geltend, die angegriffenen Klauseln benachteiligten die Kunden unangemessen (§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Bei den betroffenen Einlagegeschäften handele es sich um Darlehensverträge. Nach § 488 BGB müsse somit der Darlehensnehmer, also hier die Bank, den geschuldeten Zins entrichten. Die Kunden, die hier Darlehensgeber seien, könnten hingegen nicht verpflichtet werden, Zinsen zu zahlen. Ein vollständiger Vertragstypenwechsel von einem zeitlich befristeten Darlehen zu einem regelmäßigen entgeltlichen Verwahrungsvertrag durch AGB sei unzulässig.

LG erklärt Klauseln insgesamt für unwirksam

Das LG hat der Klage stattgegeben und die angegriffenen Klauseln gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam erklärt, da sie in Bezug auf Altverträge von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Vorschriften abwichen. Durch AGB könne nicht nachträglich bei bereits abgeschlossenen Einlagegeschäften einseitig durch die Bank eine Entgeltpflicht für den Kunden eingeführt werden, die es weder im Darlehensrecht noch beim unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gebe. Eine Unterscheidung zwischen Altverträgen und Neuverträgen hätten die von der Beklagten in der Vergangenheit verwendeten Klauseln nicht enthalten, sodass die Klauseln insgesamt unwirksam seien.

LG Tübingen, Urteil vom 26.01.2018 - 4 O 187/17

Redaktion beck-aktuell, 26. Januar 2018.