LG Düsseldorf: Bewährungsstrafe für ehemaligen Ermittler des Verfassungsschutzes wegen versuchten Geheimnisverrats

Der ehemalige Ermittler des Bundesverfassungsschutzes Roque M. ist am 19.09.2017 vom Landgericht Düsseldorf wegen versuchten Geheimnisverrats zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte Informationen über seine Tätigkeit sowie über vergangene und künftige Einsätze des Verfassungsschutzes im Internet gegenüber vermeintlichen Islamisten preisgegeben (Az.: 9 KLs 2/17).

Angeklagter offenbarte Geheimnisse bei Chat mit vermeintlichen Islamisten

Der Angeklagte, der seit Juli 2016 als Observant beim Bundesamt für Verfassungsschutz tätig und zur Geheimhaltung verpflichtet war, hatte bei Facebook unter einem Aliasnamen Beiträge mit Bezug zur gewaltbereiten salafistischen Szene geteilt. Verdeckt agierende Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz nahmen im November 2016 unter dem Pseudonym "Abu Muhammad Al-Tunisi“ Kontakt zu jenem Facebook-Profil des Angeklagten auf. Der Angeklagte ließ sich auf einen Chat mit dem vermeintlichen Islamisten ein und gab in dessen Verlauf Informationen über seine Tätigkeit als Observant des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie über vergangene und künftige Einsätze des Verfassungsschutzes preis. Am 13.11.2016 erklärte er seinem Chat-Partner, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe eine Vertrauensperson in der salafistischen Szene in Bonn eingesetzt. Da der Angeklagte damit rechnete, dass sein Chat-Partner der gewaltbereiten salafistischen Szene angehörte, nahm er bei der Weitergabe der geheimen Informationen in Kauf, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegende Observation der radikalislamischen Szene zu erschweren.

Anonyme Kontakte zu radikalen Gruppierungen als “Freizeitvergnügen“

Der Angeklagte, Vater von vier Kindern, hatte bis zu seiner Bewerbung beim Bundesamt für Verfassungsschutz Ende 2014 als Bankkaufmann gearbeitet und engagierte sich im Pastoralrat der spanischen katholischen Gemeinde. Um der Langeweile seines Arbeitsalltags und den familiären Belastungen, ein Sohn ist schwerbehindert, zeitweise zu entgehen, hatte er schon vor seiner Einstellung beim Verfassungsschutz über einen Facebook-Account unter Aliasnamen gleichsam als "Freizeitvergnügen“ anonyme Kontakte zu radikalen Gruppierungen unterschiedlichster Ausrichtung gesucht. Im Sommer 2015 legte er in einem Telefonat mit einem österreichischen Salafisten sogar das Glaubensbekenntnis des Islam ab, obwohl er Mitglied der katholischen Kirche blieb und die islamischen Glaubensregeln nicht befolgte.

Tatsächliche Gefährdung öffentlicher Interessen war ausgeschlossen

Die früheren zusätzlichen Anklagevorwürfe wegen Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages und wegen Aufnahme von Beziehungen zu einer Terrororganisation in Syrien hatte das Landgericht schon mit dem Eröffnungsbeschluss vom 10.07.2017 ausgenommen. Eine ernsthafte Absicht des Angeklagten, einen Anschlag zu begehen oder sich einer jihadistischen Gruppierung in Syrien anzuschließen, ließ sich auch in der Hauptverhandlung nicht nachweisen. Bei der Bemessung der Strafe wegen des versuchten Geheimnisverrats hat das Gericht berücksichtigt, dass eine tatsächliche Gefährdung öffentlicher Interessen ausgeschlossen war, weil die Empfänger der geheimen Informationen dem Bundesamt für Verfassungsschutz angehörten. Weiter sprachen für den Angeklagten sein Geständnis, seine bisherige Straffreiheit und die erlittene Untersuchungshaft. Zu Lasten des Angeklagten wirkte sich der Verrat mehrerer Geheimnisse und deren Sensibilität aus.

Redaktion beck-aktuell, 19. September 2017.