Letzte Bundesratssitzung vor der Wahl mit 7 Gesetzesbeschlüssen

In seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl gab der Bundesrat grünes Licht für 7 Gesetzesbeschlüsse aus dem Bundestag. Unter anderem ging es dabei um Digitalisierung im Bereich der Justiz und die Erhöhung der Gerichtsvollziehergebühren, die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Strafverfahren, eine Treibhausgasminderungsquote für den Verkehrssektor, schärfere Transparenzregeln für Abgeordnete und das neue Tierarzneimittelgesetz.

Wiederaufnahmen und Abgeordnetengesetz

Bei schwers­ten Straf­ta­ten ist es künf­tig mög­lich, Straf­pro­zes­se er­neut auf­zu­rol­len, auch wenn sie mit einem Frei­spruch rechts­kräf­tig ab­ge­schlos­sen wur­den. Außerdem hat der Bundesrat in sei­ner heu­ti­gen Ple­nar­sit­zung grü­nes Licht für Än­de­run­gen am Ab­ge­ord­ne­ten­ge­setz ge­ge­ben. Diese schlie­ßen Re­ge­lungs­lü­cken, die ins­be­son­de­re im Zuge der so ge­nann­ten "Mas­ken­af­fä­re" zu­ta­ge ge­tre­ten sind. So gel­ten künf­tig stren­ge­re Re­geln für die Ver­öf­fent­li­chung von Ein­nah­men und Un­ter­neh­mens­be­tei­li­gun­gen. Be­zahl­te Lob­by­ar­beit wird ver­bo­ten und Be­stech­lich­keit mit här­te­ren Stra­fen be­droht. Mehr zu diesen Themenbereichen finden Sie in zwei gesonderten Meldungen auf beck-aktuell.

eBO ermöglicht digitale Kommunikation mit Gerichten

Die digitale Kommunikation mit den Gerichten soll künftig einfacher werden. Vorgesehen sind zahlreiche Änderungen der Prozessordnungen für die verschiedenen Gerichtszweige. Zentrale Neuerung ist das besondere elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO). Bürgerinnen und Bürger, Verbände, Organisationen und Unternehmen sollen nach der Neuregelung einfacher elektronisch, medienbruchfrei, kostenneutral und sicher mit den Gerichtsbehörden kommunizieren können. Das eBO ermögliche schriftformwahrend den Versand elektronischer Dokumente zu den Gerichten und von diesen zurück an die Postfachinhaber. Dies habe auch Auswirkungen auf die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. Vorgesehen sei zudem, die nach dem Onlinezugangsgesetz zu errichtenden Nutzerkonten des Portalverbundes in die Kommunikation mit den Gerichten einzubinden. Der Bundestag erhöht zudem die Gebühren für Gerichtsvollzieher linear um 10%. Damit greift er eine Forderung des Bundesrates auf, die dieser im Mai mit einem eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht hatte.

Strengere Vorgaben für Schornsteinfeger

Die Länder haben zudem den Weg für Pläne der Bundesregierung freigemacht, mit Hilfe höher angebrachter Schornsteine die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Gesetzgeberisches Ziel ist es, im Umfeld von Festbrennstofffeuerungen wie Pelletheizungen, Kachelöfen und Kaminen die Belastung der Außenluft mit gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen zu verringern. Die Austrittsöffnung neu errichteter Schornsteine von Festbrennstofffeuerungen muss demnach künftig am Dachfirst, dem höchsten Punkt des Hauses, angebracht werden. Diesen Punkt muss der Schornstein außerdem um mindestens 40 Zentimeter überragen. Dies soll gewährleisten, dass die Schornsteinöffnung außerhalb der sogenannten Rezirkulationszone des Gebäudes liegt - also dem Bereich, in dem Abgase nicht vom Wind weggetragen werden können und in der Luft verbleiben.

Zustimmung zu geänderter Ladesäulenverordnung

Die Länder haben heute auch dem Regierungsvorschlag zur geänderten Ladesäulenverordnung zugestimmt, die vor allem für Erleichterungen beim spontanen Laden von Elektrofahrzeugen sorgen soll. Neu errichtete Ladepunkte werden künftig über eine Schnittstelle verfügen, mithilfe derer Standortinformationen und dynamische Daten wie der Belegungsstatus übermittelt werden können. Damit wird es für Kundinnen und Kunden leichter, ad hoc freie Ladesäulen anzusteuern. Betreiber eines Ladepunkts müssen an dem jeweiligen Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe die für den bargeldlosen Zahlungsvorgang erforderliche Authentifizierung ermöglichen und den Zahlungsvorgang mindestens mittels eines gängigen Debit- und Kreditkartensystems kontaktlos durch Vorhalten einer Karte mit der Fähigkeit zur Nahfeldkommunikation anbieten.

Treibhausgasminderungsquote für den Verkehrssektor

Der Bundesrat hat die Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote für den Verkehrssektor gebilligt. Die seit 2015 geltende Minderungsquote verpflichtet Kraftstoffhändler, die CO2-Emissionen ihrer Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz zu senken. Erreichen sollen sie dies unter anderem dadurch, dass sie erneuerbare Energieerzeugnisse anbieten. Grundlage für den Bundestagsbeschluss ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie REDII, die den Anteil der erneuerbaren Energien für den Straßen- und Schienenverkehr bis zum Jahr 2030 festlegt. Das Gesetz hebt die Treibhausgasminderungsquote für Otto- und Dieselkraftstoffe in jährlichen Schritten auf bis zu 25% für das Jahr 2030 an und führt eine Mindestquote für das Inverkehrbringen erneuerbarer strombasierter Flugturbinenkraftstoffe ein. Um strombasierte Kraftstoffe zu fördern, ist künftig die Anrechnung von ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestellten flüssigen Kraftstoffen und von grünem Wasserstoff sowohl im Straßenverkehr als auch zur Produktion konventioneller Kraftstoffe zugelassen. Eingeschränkt wird dagegen die Verwendung von Palmöl: Mittelfristiges Ziel ist es, Palmöl ebenso wie Kraftstoffe aus landwirtschaftlichen Rohstoffen zu reduzieren bzw. zu verbieten, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Änderungen im Gesundheitswesen

Schließlich stimmte der Bundesrat noch Änderungen im Arzneimittelrecht zur Trennung von Human- und Veterinärmedikamenten zu. Kern ist ein neues Tierarzneimittelgesetz - als eigenständiges neues Stammgesetz. Im bisher für beide Bereiche geltenden Arzneimittelgesetz werden zeitgleich die auf Tierarzneimittel bezogenen Bestimmungen aufgehoben. Eine weitere Ergänzung betrifft die Betreuung von Menschen mit Behinderung während eines Krankenhausaufenthalts: Vertraute Begleitpersonen, etwa Angehörige, erhalten künftig unter bestimmten Voraussetzungen ihren Verdienstausfall erstattet. In einer begleitenden Entschließung forderte Bundesrat die kommende Bundesregierung auf, weitere Verbesserungen für die Begleitung von Menschen mit Behinderungen auf den Weg zu bringen und einen Kostenausgleich aus Bundesmitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Rehabilitation zu schaffen.

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2021.