Kandidaten für Leitung des BFH in Sicht - Streit geht weiter
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© Peter Kneffel / dpa

Nach monatelanger Vakanz und einem Disput mit den Präsidenten der Bundesgerichte ist eine neue Führungsspitze für den Bundesfinanzhof zumindest in Sicht. Das Justizministerium will die Auswahlentscheidung für die Neubesetzung von Präsidenten- und Vizepräsidentenstelle getroffen haben, wie eine Sprecherin gestern sagte. Dem Vernehmen nach sind es die zwei Kandidaten, an denen sich der Streit im vergangenen Jahr entzündet hatte.

Umstrittene Kandidaten für die BFH-Leitung

Präsident soll demnach Hans-Josef Thesling werden, ein CDU-naher Beamter im nordrhein-westfälischen Justizministerium, zuvor Leiter des Finanzgerichts Düsseldorf. Als Vizepräsidentin ausgewählt wäre demnach Anke Morsch, derzeit Präsidentin des saarländischen Finanzgerichts und ehemalige SPD-Staatssekretärin. Darüber hatte zuerst die “Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet. Bei den Präsidenten der Bundesgerichte war dies auf Widerstand gestoßen. Sie warfen Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) vor, die fachlichen Anforderungen eigenmächtig außer Kraft gesetzt zu haben. Offiziell sind die zwei Personalien noch nicht, das Justizministerium bestätigte keine Namen.

Streit insbesondere um Vize

Der frühere Präsident Rudolf Mellinghoff war im Sommer 2020 pensioniert worden, seine Stellvertreterin im Herbst. Streit gab es insbesondere um die Besetzung der Vizestelle. Diese wurde bislang an allen Bundesgerichten traditionell mit einem Kandidaten aus den eigenen Reihen besetzt. Die SPD-Politikerin Morsch hat zwar Erfahrung als Finanzgerichtspräsidentin, aber nicht am Bundesfinanzhof, an dem es in aller Regel um Revisionsentscheidungen geht.

Bundesgerichte kritisieren Besetzung

“Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik soll nach ihrem Vorschlag eine Vizepräsidentenstelle bei einem der Obersten Bundesgerichte durch eine Kandidatin besetzt werden, die bislang über keine revisionsrichterliche Erfahrung verfügt“, sagte Matthias Loose, der stellvertretende Vorsitzende des Richtervereins am Bundesfinanzhof zu Lambrechts Entscheidung. “Was wir am Bundesfinanzhof sehen, ist ein Schritt in die falsche Richtung“, kritisierte in der FAZ Peter Rennert, der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Auch nach der Ernennung eines neuen BFH-Präsidiums können die abgewiesenen Kandidaten noch vor dem Verwaltungsgericht Klage einreichen. “Der Streit um die Besetzung der Vizepräsidentenstelle beim Bundesfinanzhof wird nun möglicherweise vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen“, sagte Loose. "Es ist zu bedauern, dass es so weit kommen musste."

Redaktion beck-aktuell, 4. März 2021 (dpa).