Erstes Verfahren: Beschwerdeführer hält Wahl für ungültig und fordert Wahlwiederholung
Geklagt hatte der Landesverband Nordrhein-Westfalen der Partei "Volksabstimmung - Ab jetzt...Demokratie durch Volksabstimmung - Politik für die Menschen". Der Beschwerdeführer hatte im Wesentlichen geltend gemacht, die Wahl sei ungültig und müsse wiederholt werden, weil das Wahlergebnis durch Umfrageinstitute, die Medien und durch mit öffentlichen Mitteln geförderte Vereinigungen manipuliert worden sei. Zudem seien Andersdenkende eingeschüchtert und unter Druck gesetzt worden. Das Verfassungsgericht sah dies anders und verwarf die Beschwerde als teilweise unzulässig, im Übrigen aber als offensichtlich unbegründet.
Wähler hinreichend über "Sonstige" informiert
Die Wähler wüssten, dass am Wahltag zahlreiche weitere, in den veröffentlichten Umfrageergebnissen nicht gesondert ausgewiesene Parteien ("Sonstige") zur Abstimmung stünden. Die gerügte mediale Praxis, sich bei der Veröffentlichung von Wahlprognosen auf die Parteien zu beschränken, die danach Aussicht auf Einzug in das jeweilige Parlament hätten, beeinträchtige daher ihre Entscheidungsfreiheit nicht, so der Verfassungsgerichtshof.
Zerstörung von Wahlplakaten keine zu beachtende Benachteiligung
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Wahlmanipulation durch mit öffentlichen Mitteln geförderte Vereinigungen auf die Zerstörung von Wahlplakaten durch Mitglieder der "Antifa" verwiesen habe, sei nicht erkennbar, dass er dadurch in seinem Wahlkampf mehr als nur unerheblich behindert oder gegenüber politischen Wettbewerbern durch eine geringere Präsenz im Straßenbild benachteiligt worden sein könnte, heißt es im Beschluss weiter. Für eine darüber hinaus vorgetragene Einschüchterung oder ein Unter-Druck-Setzen von Wählern fehle ein greifbarer Anhalt. Soweit der Beschwerdeführer Rügen erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht habe, sei die Beschwerde unzulässig.
Zweites Verfahren: Beschwerde gegen rechnerisch unrichtige Feststellung des Erststimmenwahlergebnisses im Wahlkreis 16
In diesem Verfahren hatte sich der Beschwerdeführer gegen eine rechnerisch unrichtige Feststellung des Erststimmenwahlergebnisses im Wahlkreis 16 gewandt. Zur Begründung hatte er vorgetragen, dass nach Beobachtungen Dritter – ohne nachprüfbare Erklärung – am Wahlabend bei ihm kurz vor 23 Uhr auf der städtischen Internetseite beim Gesamtergebnis des Wahlkreises 100 Stimmen wieder abgezogen worden seien. Bei genauerer Betrachtung der Erststimmenergebnisse lägen – gemessen am Erststimmenergebnis im Gesamtwahlkreis – in sechs Briefwahlstimmbezirken zudem signifikante statische Abweichungen vor, die nicht durch soziografische Sondereinflüsse in den jeweiligen Wahlkreisen zu erklären seien. Der Verfassungsgerichtshof hat das Vorbringen des Beschwerdeführers für unzureichend erachtet. Der Landtag habe den Einspruch daher zu Recht zurückgewiesen.
VerfGH: Substantiierungsgebot nicht beachtet
Denn das Wahlprüfungsverfahren unterliege einem Substantiierungsgebot, so das Verfassungsgericht. Auch bei einem knappen Wahlergebnis müsse der Einspruch die konkrete Möglichkeit eines Wahlfehlers aufzeigen. Daran fehle es. Soweit das "Verschwinden" der 100 Stimmen betroffen sei, lasse sich der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt – wie vom Kreiswahlleiter vorgetragen – plausibel mit einem bloßen Übermittlungsfehler im Zuge der fernmündlichen Schnellmeldung eines einzelnen Wahlergebnisses oder einem Eingabefehler bei deren Übernahme in die Wahlsoftware erklären.
Übermittlungsfehler naheliegend
Auch sei die mündliche Übermittlung von Zahlen insbesondere mit Blick auf akustische Missverständnisse typischerweise fehleranfällig, stellte das Gericht weiter fest. Gleiches gelte für ihre Eingabe in ein Computerprogramm, zumal wenn es sich um eine Vielzahl von Vorgängen handele, die innerhalb kurzer Zeit zu bewältigen seien. Zusätzlich nahe gelegt werde die Annahme eines Übermittlungsfehlers bzw. eines Vertippens durch die glatte Anzahl von genau 100 Stimmen.
Statistische Auffälligkeiten zur Fehleridentifizierung ungeeignet
Die vom Beschwerdeführer im Weiteren angeführten statistischen Auffälligkeiten seien ebenfalls nicht geeignet, einen möglichen Wahlfehler zu indizieren, heißt es im Beschluss dazu. Aufgrund statischer Betrachtungen liege ein konkreter Wahlfehler nicht ernsthaft nahe. Faktisch laufe das Vorbringen des Beschwerdeführers – letztlich rein spekulativ – auf die Geltendmachung einer (unbestimmten) Vielzahl von voraussichtlichen Zähl- oder Zuordnungsfehlern in jedem der Rede stehenden sechs Stimmbezirke hinaus, heißt es im Beschluss abschließend.