Betriebsversammlung zu Wahl des Wahlvorstands vertagt
In einem Unternehmen bestand noch kein Betriebsrat. Drei wahlberechtigte Arbeitnehmer luden zu einer Betriebsversammlung für den 18.04.2019 ein, um dort durch die Teilnehmenden einen Wahlvorstand wählen zu lassen. Auf der Betriebsversammlung diskutierten die Anwesenden kontrovers und beschlossen schließlich mehrheitlich, die Betriebsversammlung – ohne konkrete Verabredung eines weiteren Termins – zu vertagen.
Einladende Arbeitnehmer beantragen gerichtliche Bestellung des Wahlvorstands
Gegen die Vertagung haben sich die drei einladenden Arbeitnehmer zumindest nicht gewehrt. Im Anschluss haben sie sich aber an das ArbG Lübeck gewandt und die Bestellung des Wahlvorstands durch das Gericht beantragt, ohne die vertagte Betriebsversammlung abzuwarten. Diese hat allerdings bis zum Tag der Entscheidung des ArbG auch noch nicht stattgefunden.
LAG bestätigt gerichtliche Bestellung des Wahlvorstands
Das LAG Schleswig-Holstein hat die Bestellung des Wahlvorstands durch das ArbG Lübeck bestätigt. Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstands könne nach § 17 Abs. 4 BetrVG nur, aber auch stets dann erfolgen, wenn es den Arbeitnehmern des Betriebs nicht gelungen ist, auf einer Wahlversammlung, zu der ordnungsgemäß eingeladen wurde, einen Wahlvorstand zu wählen. Dadurch werde der Vorrang der Belegschaft des Betriebs gesichert, selbst einen Wahlvorstand nach ihren Vorstellungen einzusetzen.
Objektive Erfolglosigkeit der Wahlversammlung ausreichend
Nach § 17 Abs. 3 BetrVG solle allen betroffenen Arbeitnehmern die Möglichkeit eröffnet werden, ihre eigenen kollektiven Interessen durch eine Beteiligung an der Initiative zur Bildung eines Betriebsrats selbst wahrzunehmen, bevor es zur gerichtlichen Bestellung eines Wahlvorstands kommt, führt das LAG weiter aus. Hier habe die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand gewählt, habe jedoch die Chance dazu gehabt. Durch den letztendlich mehrheitlich gefassten Beschluss, die Versammlung ohne Festlegung eines konkreten "Fortsetzungstermins", zu "vertagen", sei die ordnungsgemäß einberufene Wahlversammlung objektiv erfolglos geblieben. Das sei ausreichend. Denn auf die Gründe der Nichtwahl eines Wahlvorstandes komme es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an.
Arbeitnehmer können bis zu Rechtskraft gerichtlicher Bestellung noch selbst Wahlvorstand wählen
Im Übrigen bleibe es den Arbeitnehmern des Betriebs bis zur Rechtskraft der durch das ArbG erfolgten Bestellung eines Wahlvorstands unbenommen, selbst in einer weiteren Betriebsversammlung einen Wahlvorstand zu wählen. Durch diese Subsidiarität seien die Rechte der Belegschaft auf Selbstorganisation weiterhin geschützt.