KG verwehrt nach Glatteisunfall Schadensersatz für Hotelbesucher

Das Kammergericht hat die Berufung eines Geschäftsmannes zurückgewiesen, der im Januar 2014 auf dem Gehweg vor einem 5-Sterne-Hotel bei Glatteis gestürzt war und bislang erfolglos Schadensersatz in Höhe von 75.000 Euro von der Hotelbetreiberin verlangt hatte. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass er in dem Bereich gestürzt sei, für den eine Räum- und Streupflicht bestanden habe. Das Gericht rügte den Kläger, weil er den Streitwert unnötig auf 30 Millionen Euro aufgeblasen habe (Beschluss vom 07.11.2017, Az.: 4 U 113/15).

Geschäftsmann wollte 75.000 Euro Schmerzensgeld

Der Geschäftsmann hatte im Weg der Teilklage zunächst 10.000 Euro Schmerzensgeld gefordert, hielt aber ein Schmerzensgeld von insgesamt etwa 75.000 Euro für angemessen. Zudem behauptete er außergerichtlich, aufgrund des Unfalls und der folgenden stationären Behandlung sei er nicht in der Lage gewesen, ein Darlehen über 200.000 Euro aufzunehmen, das binnen drei Monaten zu einem Ertrag in Höhe von zwei Millionen Euro und im weiteren Verlauf zu einer Ausschüttung in Höhe von 35 Millionen Euro für ihn oder seine Gesellschaft geführt hätte.

LG wies Klage ab

Das Landgericht Berlin hatte im Juli 2015 die Klage abgewiesen (in BeckRS 2015, 12427) und dabei offengelassen, ob die Hotelbetreiberin ihre Räum- und Streupflichten auf dem vor dem Hotel befindlichen Gehweg verletzt hatte. Denn der Geschäftsmann habe nicht beweisen können, dass er in einem Bereich des Gehwegs gestürzt war, für den die Hotelbetreiberin streupflichtig gewesen ist. Das LG hatte deshalb auf die Widerklage der Hotelbetreiberin festgestellt, dass dem Kläger weder ein Schadensersatzanspruch aufgrund entgangenen Gewinns von 1,8 Millionen Euro noch darüber hinausgehende Ansprüche zustünden.

KG bestätigt nun Vorinstanz

Auch in zweiter Instanz hatte der klagende Geschäftsmann keinen Erfolg. Das Kammergericht bestätigte in seinem Beschluss die Auffassung des Landgerichts, dass den Anlieger einer Straße nur die Pflicht treffe, den Gehweg auf einem mittigen Streifen von rund 1,5 Meter Breite zu räumen bzw. mit abstumpfenden Mitteln zu streuen, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalls etwas Anderes ergebe. Dies sei vorliegend zu verneinen.

KG verneint besondere Streupflicht für das Hotel

Hier hätten sich am Rande des Bürgersteigs im Bereich der Unfallstelle keine Notrufsäulen, Parkscheinautomaten oder sonstige Einrichtungen befunden, die es erfordert hätten, einen Streifen auch an der Bordsteinkannte zu streuen. Auch sei nicht ersichtlich, dass ein hohes Fußgängeraufkommen in diesem Bereich geherrscht habe, selbst wenn es sich um den Bürgersteig vor einem großen 5-Sterne-Hotel gehandelt habe. Denn die Haupteingänge des Hotels würden sich an einer anderen Straße befinden, zudem verfüge das Hotel unstreitig über eine große Tiefgarage. Auch die Beweisaufnahme war laut Kammergericht nicht zu beanstanden. So habe nicht festgestellt werden können, dass der Kläger in dem Bereich gestürzt war, für den eine Räum- und Streupflicht bestanden habe.

Mündliche Verhandlung nicht notwendig

Ferner stellte das Kammergericht fest, dass auch mit Blick auf zahlreiche Entscheidungen anderer Senate des Kammergerichts bzw. von weiteren Oberlandesgerichten eine Entscheidung zu Gunsten des Gestürzten nicht geboten sei, da die Umstände des Einzelfalls hier anders lägen als in den Vergleichsfällen. Ebenso wenig war es laut Kammergericht im konkreten Fall erforderlich, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Eine solche könne dann notwendig sein, wenn die Rechtsverfolgung für den Kläger existenzielle Bedeutung habe. Dies sei hier zu verneinen. Zwar habe sich der Geschäftsmann auf wirtschaftlich existenzielle Folgen durch den Rechtsstreit berufen, dessen Streitwert auf 30 Millionen Euro festgesetzt worden war. Dadurch sei er gezwungen gewesen, die eidesstattliche Versicherung abzugeben, nachdem die Landesjustizkasse vergeblich Gerichtskosten in Höhe von knapp 325.000 Euro zu vollstrecken versucht habe.

Kläger selbst an hohem Streitwert schuld

Das Kammergericht wies dieses Argument aber zurück. Denn es gehe hier nicht um die (körperlichen) Folgen aus dem Glatteisunfall, sondern allein um die finanziellen Folgen, die sich aus den Kosten des vom Kläger veranlassten Rechtsstreits ergäben. Dem Kläger, der als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei, müssten die finanziellen Risiken bewusst gewesen sein, die daraus resultierten, dass er vorprozessual so hohe Schadensersatzansprüche aufgrund entgangenen Gewinns in den Raum gestellt habe. Zudem würde eine mündliche Verhandlung noch weitere Kosten aufgrund der dann höheren Vergütung der Rechtsanwälte beider Parteien verursachen. Gegen den Beschluss des Kammergerichts, das die Revision nicht zugelassen hat, ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof möglich.

KG, Beschluss vom 07.11.2017 - 4 U 113/15

Redaktion beck-aktuell, 21. November 2017.