Jobcenter muss während Corona-Notlage unangemessen hohe Miete weiter übernehmen

Hat das Jobcenter Hilfeempfängern vorübergehend eigentlich unangemessen hohe Unterkunftskosten bewilligt, muss es die Leistungen für die Zeit der Corona-Pandemie vom 01.03.2020 bis zum 30.06.2020 in gleicher Höhe weiter gewähren. Betroffene könnten sich auf eine Sonderregelung aus Anlass der Corona-Krise berufen, die erst Ende März in Kraft getreten ist, entschied das Sozialgericht Berlin mit Eilbeschluss vom 20.05.2020.

Mutter mit zwei Kindern bewohnte sozialhilferechtlich unangemessene Unterkunft

Die Antragsteller, eine alleinerziehende Mutter und ihre beiden minderjährigen Kinder beziehen seit 2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Im Juli 2019 hatte das Jobcenter ihnen mitgeteilt, dass die Bruttowarmmiete von 990 Euro für ihre 79 qm große Dreizimmerwohnung unangemessen hoch sei und nur noch bis einschließlich März 2020 übernommen würde. Ab April gewährte das Jobcenter entsprechend seiner Verwaltungsvorschriften nur noch die als angemessen erachteten Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 794,92 Euro.

Antragsteller begehrten Weiterzahlung

Anfang Mai stellten die Antragsteller beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie trugen vor, trotz intensiver Bemühungen auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt keine angemessene Wohnung gefunden zu haben. Sie hätten acht Besichtigungstermine wahrgenommen, aber keinen Zuschlag bekommen. Nun würden wegen der Covid-19-Pandemie gar keine Wohnungsbesichtigungen mehr angeboten. Das Jobcenter entgegnete, dass die Miete der Antragsteller den Grenzwert erheblich überschreite. Intensive Bemühungen um eine neue Wohnung, nämlich mindestens zwei Wohnungssuchen pro Woche, seien nicht glaubhaft gemacht worden. Die wegen der Corona-Epidemie erlassenen Regelungen seien auf die Antragsteller, die schon seit Jahren im Leistungsbezug stünden, nicht anwendbar.

SG: Jobcenter muss vorläufig unangemessene Unterkunftskosten weiterzahlen

Das Sozialgericht hat dem Eilantrag stattgegeben. Das Jobcenter müsse bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im noch nicht abgeschlossenen Hauptsacheverfahren die tatsächlich anfallenden Mietkosten in voller Höhe weiter übernehmen. Die Antragsteller hätten eine Notlage glaubhaft gemacht. Gemäß der für alle Bezugszeiträume von März 2020 bis Ende Juni 2020 geltenden Neuregelung des § 67 SGB II müssten die Jobcenter grundsätzlich die jeweils tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen anerkennen und entsprechende Leistungen gewähren.

Etwas anderes gilt nur bei vorher erfolgter Bewilligung angemessener Kosten

Etwas anderes gelte nur dann, wenn bereits im vorangegangenen Bewilligungszeitraum nur noch die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt worden seien. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da die Antragsteller bis Ende März Leistungen für die vollen Mietaufwendungen erhalten hätten. Die gesetzliche Neuregelung berücksichtige damit nicht nur Erleichterungen für Neuantragsteller, sondern auch die mit der Pandemie verbundenen Schwierigkeiten, derzeit eine neue Unterkunft zu finden.

SG Berlin, Beschluss vom 20.05.2020 - .05.2020 S

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2020.