Information oder Schleichwerbung? BGH prüft Instagram-Postings

Wann müssen Influencerinnen und Influencer ihre Instagram-Beiträge als Werbung kennzeichnen? Der Bundesgerichtshof prüft das seit gestern anhand von drei Fällen. In der Verwendung sogenannter Tap Tags, durch die man mit nur einem Klick zum beworbenen Produkt gelangt, sieht der Verband Sozialer Wettbewerb unzulässige Schleichwerbung. Die Betroffenen sehen das naturgemäß anders, erhoffen sich von dem Urteil aber vor allem klare Vorgaben.

Auf Einordnung von Tap Tags wartet eine ganze Branche

Das höchste deutsche Zivilgericht verhandelte am Donnerstag Klagen gegen Cathy Hummels, Ehefrau von Fußball-Star Mats Hummels, gegen die Hamburger Fashion-Influencerin Leonie Hanne und die Göttinger Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss. Der Verband Sozialer Wettbewerb wirft ihnen unzulässige Schleichwerbung vor und fordert Unterlassung sowie die Abmahnkosten. Stein des Anstoßes sind sogenannte Tap Tags bei Instagram, jene unscheinbaren Hinweise, über die man mit einem Click direkt auf einen Firmen-Account weitergeleitet wird. Die drei Frauen veröffentlichen auf Instagram regelmäßig Beiträge damit - genau wie viele andere Prominente. Der BGH muss nun entscheiden, ob diese verlinkten Hinweise als Werbung gekennzeichnet werden müssen oder nicht. Der Ausgang des Verfahrens hat grundsätzliche Bedeutung für die Branche. Der Wettbewerbsverband hat zahlreiche Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt. Diese fragen sich, inwiefern sie noch Produkte und Dienstleistungen empfehlen können, ohne Abmahnungen zu riskieren.

Influencerinnen wünschen sich klare Vorgaben

Die Gerichte haben über Influencer-Marketing bislang sehr unterschiedlich geurteilt. So siegte Cathy Hummels in beiden Vorinstanzen, Hanne vor dem OLG Hamburg, im Fall Huss ging der Wettbewerbsverband in beiden Instanzen als Sieger hervor. In Karlsruhe erschienen war nur Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss mit ihrer Mutter. Huss erwartet vom BGH Vorgaben, wie Influencerinnen sich künftig verhalten sollen. "Ich hoffe auf eine klare Richtlinie." Bezahlte Werbung kennzeichnet die 30-Jährige. Den Vorwurf der Schleichwerbung für Empfehlungen ohne Gegenleistung weist sie zurück. Sie nutzt nach eigenen Angaben Tap Tags, damit Nutzer leichter auf eine Seite kommen. "Ich möchte für meine Community transparent sein", sagte sie nach der Verhandlung. Es sei wichtig, Posts als Werbung zu kennzeichnen, wenn Geld floss oder es Gegenleistungen gab, betonte Cathy Hummels vor der Verhandlung. "Aber genauso wichtig ist es, dass man auch seine freie Meinung noch entfalten kann."

BGH tendiert wohl zu Bejahung von Werbung durch Tap Tags

Der Anwalt des klagenden Wettbewerbsvereins betonte bei der BGH-Verhandlung: "Wenn kommerzielle Zwecke verfolgt werden, muss das kenntlich gemacht werden." Er kritisierte, dass Influencerinnen nur ein authentisches Bild vorgaukeln würden. Die Gefahr für den Verbraucher sei: "Mit den Posts werden private Mitteilungen und Werbung vermischt." Der Anwalt von Hanne wies das zurück: Nutzer von Instagram seien Jugendliche und junge Erwachsene. Sie wüssten, dass ein kommerzieller Zweck verfolgt werde - doch sie würden dadurch nicht zum Kauf veranlasst. Letztlich, meinte der Anwalt von Hummels, sei eine Influencerin ein "Medienunternehmen". Sie dürfte deshalb nicht anders behandelt werden als Zeitschriften, in denen ebenfalls Produkt-Werbungen sichtbar seien. Der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch betonte in der fast zweieinhalbstündigen Verhandlung die grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens. Fraglich sei, ob mit der Verlinkung der Tap Tags eine Grenze zur Werbung überschritten sei. "Dafür könnte vielleicht einiges sprechen", so Koch. Wann ein Urteil kommt, teilt das Gericht erst zu einem späteren Zeitpunkt mit. Es geht dabei letztlich nicht nur um die drei Frauen: Der Verband hat zahlreiche Influencerinnen und Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt. Dem BGH liegen weitere Fälle vor - darunter von der Karlsruher Influencerin Pamela Reif, die vor dem OLG ebenfalls eine Niederlage einstecken musste.

BGH - I ZR 126/20

Redaktion beck-aktuell, 30. Juli 2021 (dpa).