GFF-Gutachten sieht größere Spielräume für politische Betätigung gemeinnütziger Vereine

Nach einem Rechtsgutachten ist eine politische Betätigung zivilgesellschaftlicher Organisationen nach geltendem Recht in größerem Umfang mit der Gemeinnützigkeit vereinbar als dies vom Bundesfinanzhof in seinem Attac-Urteil (BeckRS 2019, 2190) angenommen wird. Dies schreibt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die das Gutachten in Auftrag gegeben hat, mit Blick auf die geplante Reform des Gemeinnützigkeitsrechts in einer Pressemitteilung vom 02.05.2020.

Rechtsunsicherheit bei gemeinnützigen Vereinen nach Attac-Urteil

Seit dem Attac-Urteil des BFH vom 10.01.2019 müssten viele Vereine um ihren Gemeinnützigkeitsstatus und ihren Fortbestand bangen, wenn sie sich auch politisch betätigen, schreibt die GFF. Es bestehe erhebliche Rechtsunsicherheit, wie Gemeinnützigkeit und politische Betätigung miteinander zu vereinbaren seien. Nach der Rechtsprechung des BFH sei dies nur dann der Fall, wenn die Vereine damit ihren Förderzweck verfolgten. Das von Sebastian Unger, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht an der Ruhr-Universität Bochum, verfasste Gutachten "Politische Betätigung gemeinnütziger Körperschaften" untersuche die Grenzen einer politischen Betätigung zivilgesellschaftliche Organisationen im geltenden Steuerrecht sowie die verfassungsrechtlichen Spielräume für eine Neuregelung.

Gutachten: Größere Spielräume für politische Betätigung möglich

Unger stelle insbesondere fest, dass zwischen parteipolitischer Betätigung und zivilgesellschaftlicher politischer Betätigung Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung rechtfertigen. Ferner habe der Gesetzgeber bei der steuerlichen Förderung politischen Engagements im Bereich der Zivilgesellschaft größere Spielräume als im Bereich der politischen Parteien. Die Verfassung stehe einem Ausbau des politischen Bewegungsraums gemeinnütziger Organisationen nicht grundsätzlich entgegen, betone Unger. Unerwünschten Auswirkungen auf die demokratischen Einflussmöglichkeiten von Bürgern könne der Gesetzgeber durch vielfältige Maßnahmen verhindern, etwa durch erhöhte Transparenzauflagen für politisch tätige zivilgesellschaftliche Organisationen, vor allem hinsichtlich Großspenden.

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2020.