Gesundheitsausschuss: Experten äußern Bedenken gegen geplante Gesundheits-Apps auf Rezept

Gesundheitsexperten sehen die Digitalisierung in der medizinischen Versorgung zwar grundsätzlich positiv, haben am 16.10.2019 in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses im Bundestag über den Regierungsentwurf für ein "Digitale-Versorgung-Gesetz" (BT-Drs. 19/13438) aber auch Bedenken bei der geplanten Versorgung mit Gesundheits-Apps und dem Ausbau der Telematikinfrastruktur geäußert. Dies teilte der parlamentarische Pressedienst mit.

Versicherte erhalten Anspruch auf Gesundheits-Apps

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass sich Patienten künftig bestimmte Gesundheits-Apps vom Arzt verschreiben lassen können. Das Verfahren soll unbürokratisch organisiert werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll entsprechende Apps auf Datensicherheit und Funktionalität überprüfen. Ein Jahr lang werden Kosten dann vorläufig von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet. Während dieser Zeit müssen die jeweiligen Hersteller nachweisen, dass die Anwendungen die Versorgung verbessern. Darüber hinaus soll das digitale Netzwerk ausgebaut werden. Apotheken und Krankenhäuser werden dazu verpflichtet, sich an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen zu lassen.

Krankenkassen: Fehlanreize durch vorläufige Kostenerstattung

Kritisch äußerte sich der GKV-Spitzenverband, der durch den Anspruch auf Kostenerstattung für App-Hersteller im ersten Jahr Fehlanreize befürchtet. Angesichts der teilweise monatlichen Entwicklungszyklen und modularen Erweiterbarkeit der Produkte müsse damit gerechnet werden, dass es nach einem Jahr gar nicht mehr zu der geforderten Bewertung der Apps komme. Für die Hersteller müsse außerdem klar sein, auf welchem Weg ihre Produkte in die Finanzierungspflicht der GKV gelangen könnten.

Ärzte: Effiziente Zulassungsverfahren fehlen

Auch nach Ansicht der Bundesärztekammer (BÄK) fehlen effiziente Verfahren zur Zulassung digitaler Gesundheitsanwendungen. Die spezifischen Bedürfnisse der Patienten und Ärzte würden nicht berücksichtigt, obgleich sie die Kernzielgruppe der digitalen Anwendungen seien. Der Verband forderte eine klare Regelung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit innerhalb der Telematikinfrastruktur sowie für Entwickler verlässliche Rahmenbedingungen zur Erprobung ihrer Technik.

Apotheker und Krankenhäuser fordern zeitliche Flexibilität bei Anschluss an Telematikinfrastruktur

Auf technische Umsetzungsprobleme bei der Telematikinfrastruktur machte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) aufmerksam. Die Leistungserbringer seien auf das Angebot an Soft- und Hardware der IT-Firmen angewiesen und hätten auf die Verfügbarkeit solcher Angebote keinen Einfluss. Insofern könne die Anbindung zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht garantiert werden. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht dieses Umsetzungsproblem und forderte zeitlich flexible Vorgaben. Die DKG forderte ein milliardenschweres Programm des Bundes zur Digitalisierung der Kliniken und einen Zuschlag zum Aufbau des dazu nötigen Fachpersonals.

Psychotherapeuten: Wirksamkeit der Apps muss nachgewiesen sein

Wie ein Vertreter der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in der Anhörung sagte, können digitale Anwendungen auch für psychisch Kranke eine Hilfe sein, wenn es um die Intensivierung oder Stabilisierung einer Behandlung geht. Allerdings müsse die Wirksamkeit der Apps nachgewiesen sein. Sollten sie nicht funktionieren, könnte auch großer Schaden entstehen.

Redaktion beck-aktuell, 22. Oktober 2019.