Frauke Petry gegen Onlineprojekt "Faktenzoom": OLG Köln bestätigt LG-Urteil

Die Kölner Journalistenschule, die im Rahmen ihres Onlineprojekts "Faktenzoom" Äußerungen Frauke Petrys in Talkshows auf ihren Wahrheitsgehalt hin bewertet hatte, muss zwei Bewertungen auch weiterhin unterlassen. Allerdings habe Petry gegen die Journalistenschule keinen Anspruch auf eine Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidungen, entschied das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 19.04.2018 und bestätigte die Vorinstanz (Az.: 15 U 135/17).

Streit um Kölner Projekt "Faktenzoom"

Auslöser des Rechtsstreits war das 2016 von der Kölner Journalistenschule betriebene Projekt "Faktenzoom". Darin wurden Äußerungen von Politikern in Talkshows auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht und als "wahr", "überwiegend wahr", "überwiegend falsch" oder "falsch" bewertet. Von 38 untersuchten Äußerungen der Klägerin bewerteten die Studenten der Journalistenschule 10 als "falsch" oder "überwiegend falsch" und kamen in der Gesamtbewertung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die "Rangliste im negativen Sinne" anführe.

LG: Zwei Bewertungen zu unterlassen – Aber kein Anspruch auf Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidungen

Die Klägerin hatte sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einzelne Bewertungen und die Gesamtbewertung gewehrt. In Bezug auf zwei Bewertungen war sie erfolgreich, da diese auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage beruht hätten, so das OLG im Eilverfahren (BeckRS 2016, 112346). Im Hauptsacheverfahren stritten die Parteien im Wesentlichen erneut über die Unterlassung der beiden Bewertungen sowie über die Frage, ob und wie die Journalistenschule die Öffentlichkeit über die gerichtlichen Entscheidungen zu informieren habe. Das LG Köln entschied, dass die beiden Bewertungen auch künftig zu unterlassen seien. Allerdings bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidungen durch die Journalistenschule.

OLG bestätigt LG-Urteil – Keine fortdauernde Rufbeeinträchtigung der Klägerin 

Das OLG hat das LG-Urteil bestätigt. Zwar könne grundsätzlich ein Anspruch auf Veröffentlichung eines Unterlassungsurteils bestehen. Im vorliegenden Fall sei bei der gebotenen Gesamtabwägung aber nicht von einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung der Klägerin auszugehen. Das Projekt "Faktenzoom" mit den unzulässigen beiden Bewertungen sei nicht weiter veröffentlicht worden. Die Presseberichte über den negativen Spitzenplatz der Klägerin seien älteren Datums und/oder enthielten Hinweise auf die juristischen Auseinandersetzungen um das Portal.

Glaubwürdigkeit maßgeblich durch Fraktions- und Parteiaustritt zerstört

Darüber hinaus sei die öffentliche Meinung über die Klägerin maßgeblich durch deren Verhalten im Bundestagswahlkampf 2017 geprägt worden. Die Klägerin sei, nachdem sie den Bundestagswahlkampf als Spitzenkandidatin der AfD bestritten habe und für diese Partei in den Bundestag eingezogen sei, bereits am nächsten Tag aus der Fraktion und kurz darauf auch aus der Partei ausgetreten. Ein größerer Glaubwürdigkeitsverlust im Hinblick auf ihre Aussagen vor der Wahl – und damit im weitesten Sinne auch im Hinblick auf ihr Verhältnis zur "Wahrheit" – sei aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten kaum denkbar. Demgegenüber spiele das Projekt der Journalistenschule, sofern es aktuell überhaupt noch in der öffentlichen Wahrnehmung verankert sei, keine maßgebliche Rolle mehr.

Journalistenschule muss untersagte Bewertungen weiterhin unterlassen

Die bereits im einstweiligen Rechtsschutz untersagten Bewertungen bleiben laut OLG auch nach dem Ergebnis des Hauptsacheverfahrens unzulässig. Die Bewertungen legten Äußerungen der Klägerin zu Grunde, die diese so nicht getätigt habe. Da die beiden Bewertungen auch zukünftig zu unterlassen seien, sei auch die Berechnung der bisherigen Gesamtbewertung mit den entsprechenden prozentualen Angaben von "Falschaussagen" zu unterlassen. Ob und wie das Projekt "Faktenzoom" künftig fortgeführt werde, falle in die Meinungs- und Pressefreiheit der Journalistenschule. Es obliege insbesondere nicht den Gerichten, darüber zu entscheiden, welche Aussagen einzelner Politiker in die Bewertungen durch das Projekt einbezogen werden könnten oder müssten.

OLG Köln, Urteil vom 19.04.2018 - 15 U 135/17

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2018.