FG Münster: Zinshöhe bereits für Zeiträume ab 2014 verfassungsrechtlich zweifelhaft

Das Finanzgericht Münster hält den Zinssatz für Aussetzungszinsen schon für Zeiträume ab 2014 für verfassungswidrig zu hoch. Denn bereits im Jahr 2014 habe sich die lang andauernde Niedrigzinsphase ernstlich verfestigt, so das Gericht in einem Beschluss vom 31.08.2018 (Az.: 9 V 2360/18 E, nicht rechtskräftig, BeckRS 2018, 23229).

Aussetzungszinsen von über 60.000 Euro streitig

Das Finanzamt hatte die Vollziehung von Einkommensteuernachforderungen gegenüber den Antragstellern ausgesetzt. Die Aussetzung lief aufgrund eines Klageverfahrens, das sich nach Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof über zwei Rechtsgänge erstreckte, über mehrere Jahre und führte zur Festsetzung von Aussetzungszinsen in Höhe von mehr als 60.000 Euro.

Finanzamt setzt Vollziehung nur für Zeiträume ab April 2015 aus

Hiergegen legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt entsprach dem Antrag im Hinblick auf einen BFH-Beschluss vom 25.04.2018 (DStR 2018, 1020) nur für Zeiträume des Zinslaufs ab dem 01.04.2015 und lehnte ihn im Übrigen ab. Mit ihrem gerichtlichen Aussetzungsantrag machten die Antragsteller geltend, dass die Zinshöhe von 6% pro Jahr auch für frühere Zeiträume realitätsfern bemessen sei.

FG setzt Vollziehung des Zinsbescheids bereits ab 2014 aus

Diesem Antrag gab das FG teilweise statt. Auch für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.03.2015 sei ernstlich zweifelhaft, ob die Zinshöhe von 0,5% pro Monat dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, so das Gericht. Denn bereits im Jahr 2014 habe sich die lang andauernde Niedrigzinsphase ernstlich verfestigt. Das FG setzte jedoch für diesen Zeitraum die Vollziehung des Zinsbescheids nicht vollständig aus, sondern nur, soweit der Zinssatz die Schwelle von jährlich 3% (gleich 0,25% pro Monat) überstieg. Auch in einer Niedrigzinsphase sei ein vollständiger Verzicht auf die Erhebung von Aussetzungszinsen nicht geboten.

Zinssatz für Zeiträume bis einschließlich 2013 unbedenklich

Für Zeiträume bis einschließlich 2013 bestünden dagegen keine hinreichend gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken, meinen die Richter. Zwar dürfte der Zinssatz jedenfalls für 2013 oberhalb der Bandbreite eines realitätsgerechten Spektrums liegen. Dem Gesetzgeber sei aber ein gewisser Beobachtungszeitraum zuzubilligen.

Entscheidung nicht rechtskräftig

Die vom FG zugelassene Beschwerde ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII B 128/18 anhängig.

Redaktion beck-aktuell, 15. Oktober 2018 (dpa).