FG Hamburg bejaht Zulässigkeit einer in Polnisch abgefassten Klage

Der 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat eine in polnischer Sprache verfasste Klageschrift als rechtswirksam und damit auch fristwahrend angesehen, wie aus einem Gerichtsbescheid vom 15.03.2014 (Az.: 4 K 18/17, BeckRS 2017, 94755) hervorgeht. Er weicht damit von der ganz herrschenden Meinung in Judikatur und Literatur ab, die nicht in deutscher, sondern in einer fremden Sprache abgefasste Klageschriften für nicht rechtserheblich und damit auch nicht fristwahrend hält (vgl. VG München, BeckRS 2012, 52148; OLG Bamberg, BeckRS 2013, 10516; LSG Baden-Württemberg, BeckRS 2001, 17114).

FG sah Indizien für Vorliegen einer Klage und veranlasste Übersetzung

Im zugrunde liegenden Fall hatte das Gericht bei dem entgegen § 184 Satz 1 GVG nicht in deutscher Sprache abgefassten Schriftsatz wegen der Erwähnung eines Hauptzollamtes und eines für ihn typischen Aktenzeichens erkennen können, dass es sich um eine Klage handeln könnte. Die vom Senatsvorsitzenden veranlasste Übersetzung ergab dann, dass der Kläger gegen den "Beschluss vom ... Berufung" einlegen wollte und um erneute "Prüfung" dieser "Angelegenheit" bat. Der Senat behandelte die Klage als zulässig.

FG: Veranlassung einer Übersetzung grundgesetzlich geboten

Das FG Hamburg sieht eine Verpflichtung der Gerichte, fremdsprachige Schriftsätze, die – wie im zu entscheidenden Fall – hinreichende Anhaltspunkte dafür enthalten, es könnte sich hierbei um ein Klage- oder sonstiges Rechtsschutzbegehren handeln, von Amts wegen übersetzen zu lassen. Diese Verfahrensweise hält der Senat im Hinblick auf die auch für Ausländer geltende Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 GG, des in Art. 3 Abs. 3 GG verankerten Benachteiligungsverbots wegen der Sprache und der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG für geboten. Angesichts dieser Gewährleistungen, die auf Effektivität angelegt sind und auch ausländischen Klägern eine tatsächliche gerichtliche Überprüfung der sie belastenden Verwaltungsbescheide eröffnen, sah sich der Senat veranlasst, von Amts wegen eine Übersetzung des innerhalb der Klagefrist bei Gericht eingegangenen Schriftsatzes des Klägers einzuholen.

Klage in der Sache aber ohne Erfolg

Im Ergebnis hatte der Kläger allerdings keinen Erfolg, weil der 4. Senat seine Klage nach Prüfung als in der Sache unbegründet abwies. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig.

FG Hamburg, Entscheidung vom 15.03.2017 - 4 K 18/17

Redaktion beck-aktuell, 21. Juli 2017.