FG Düsseldorf: Keine Änderung des Steuerbescheids bei grobem Verschulden des Steuerberaters

Versäumt ein Steuerberater die Geltendmachung eines Verlustes aus der Auflösung einer insolventen Kapitalgesellschaft, weil er es trotz Kenntnis des Insolvenzverfahrens unterlassen hat, die Verlustrealisierung regelmäßig (jährlich) zu überprüfen, trifft ihn ein grobes Verschulden, das dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 23.05.2018 entschieden und eine Klage auf eine Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheids abgewiesen (Az.: 2 K 1274/17 E, BeckRS 2018, 14024).

Auflösungsverlust durch Steuerberater steuerlich nicht geltend gemacht

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen im Jahr 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Das Insolvenzverfahren wurde erst im Jahr 2015 beendet. Die lange Verfahrensdauer beruhte darauf, dass der Kläger im Jahr 2008 vom Insolvenzverwalter auf Rückzahlung von etwa 330.000 Euro verklagt worden war. Das Klageverfahren vor dem Zivilgericht verlief über mehrere Instanzen und wurde im Jahr 2013 rechtskräftig entschieden. In der von dem Steuerberater des Klägers erstellten Einkommensteuererklärung 2015 wurde der Auflösungsverlust nicht angegeben. Der Kläger wurde von diesem Steuerberater seit der Gründung der GmbH im Jahr 1990 steuerlich beraten. Auch die GmbH wurde von diesem Steuerberater bis zu ihrer Insolvenz betreut. Der Steuerberater hatte Kenntnis von dem Insolvenzverfahren und war über den Verlauf und Ausgang des Zivilprozesses informiert. 

Finanzamt lehnte nachträgliche Berücksichtigung ab 

Nachdem der erklärungsgemäß ergangene Einkommensteuerbescheid 2015 bestandskräftig geworden war, beantragte der Kläger, den Verlust seiner Stammeinlage in Höhe von circa 70.000 Euro steuerlich zu berücksichtigen. Er trug vor, dass er erst nach Eintritt der Bestandskraft Kenntnis von der Beendigung des Insolvenzverfahrens erlangt habe. Ein weiterer Gesellschafter der GmbH habe ihn hierüber informiert. Das beklagte Finanzamt lehnte eine Bescheidsänderung ab, weil den Kläger ein grobes Verschulden daran treffe, dass dem Beklagten der Auflösungsverlust erst nachträglich bekannt geworden sei. 

FG: Kläger muss sich grobes Verschulden seines Steuerberaters zurechnen lassen 

Das FG hat die Klage abgewiesen. Dabei lässt es das Gericht dahinstehen, ob den Kläger selbst ein grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO trifft. Denn ihm sei das grobe Verschulden seines Steuerberaters zuzurechnen. Der Steuerberater habe bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung 2015 den Status des Insolvenzverfahrens nicht überprüft und in nicht entschuldbarer Weise versäumt, den Auflösungsverlust steuerlich geltend zu machen. Ihm seien alle Tatsachen, die zur Entstehung des Auflösungsverlustes geführt hätten, bekannt gewesen. Er habe aufgrund der jahrelangen steuerlichen Beratung des Klägers und der GmbH Kenntnis von der GmbH-Beteiligung des Klägers und dem Insolvenzverfahren der GmbH gehabt. Nur der Zeitpunkt der Verlustentstehung sei zunächst unklar gewesen. 

Steuerberater hätte ab Beendigung des Zivilrechtstreits Verlustrealisierung jährlich überprüfen müssen 

Das FG hielt es zwar für nachvollziehbar, dass die Geltendmachung des Verlustes durch die lange Dauer des Insolvenzverfahrens und die Belastungen des Klägers durch das zivilgerichtliche Verfahren in Vergessenheit geraten sei. Gleichwohl sei dem Steuerberater nicht nur eine leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Denn der Fehler des Steuerberaters sei vermeidbar gewesen. Spätestens seit Beendigung des Zivilrechtstreits im Jahr 2013 hätte er jährlich prüfen müssen, ob der Verlust nunmehr entstanden sei. Diese jährliche Überprüfung der Verlustrealisierung hätte er – beispielsweise durch einen entsprechenden Vermerk in der Akte des Klägers – sicherstellen müssen. 

FG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2018 - 2 K 1274/17 E

Redaktion beck-aktuell, 11. Juli 2018.