FG Baden-Württemberg: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen umfasst notwendige statische Berechnungen

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG umfasst auch Aufwendungen für statische Berechnungen, die zur Durchführung der Handwerkerleistungen erforderlich sind. Dies hat das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 04.07.2019 entschieden (Az.: 1 K 1384/19). Gegen die Entscheidung ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 29/19 die Revision anhängig.

Schadhafte Holzstützen in Eigenheim ersetzt

Die verheirateten Kläger sind jeweils zur Hälfte Miteigentümer eines eigengenutzten Hauses. Schadhafte Holzstützen wurden durch Stahlstützen ersetzt. Hierzu beauftragten die Kläger einen Handwerker. Nach dessen Ansicht war eine vorherige statische Berechnung "unbedingt erforderlich". Hierzu fand eine Besprechung vor Ort und Inaugenscheinnahme des Hauses statt. Die Kläger überwiesen den für die Berechnung in Rechnung gestellten Betrag für Arbeitskosten in Höhe von 535,50 Euro einschließlich Umsatzsteuer.

Steuerermäßigung für statische Berechnung begehrt

Sie erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen ("Kaminfeger, Statiker") im eigenen Haushalt in Höhe von insgesamt 565 Euro. Die statische Berechnung sei für den Austausch der Stützbalken erforderlich und eine unselbstständige, untrennbar mit der Hauptleistung verbundene Nebenleistung gewesen. Es liege eine einheitliche Handwerkerleistung vor.

Finanzamt: Steuerlich nicht begünstigte Gutachterleistung

Das beklagte Finanzamt erkannte lediglich 28 Euro für den "Kaminfeger" und damit 6 Euro (20% von 28 Euro) als Ermäßigungsbetrag für Handwerkerleistungen an. Bei der statischen Berechnung handle es sich um eine steuerlich nicht begünstigte Gutachterleistung. Dagegen klagten die Eheleute.

FG: Statische Berechnungen und Handwerkerleistungen hier sachlich eng verzahnt

Das FG hat den Klägern Recht gegeben und ermäßigte die festgesetzte Einkommensteuer um 107,10 Euro (20% von 535,50 Euro) nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG. Die Norm umfasse nach Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte alle handwerklichen Tätigkeiten, jedoch nicht gutachterliche Tätigkeiten wie zum Beispiel die Wertermittlung eines Grundstücks und das Erstellen eines Energieausweises. Im Streitfall bestehe aber eine enge sachliche Verzahnung zwischen den statischen Berechnungen und den folgenden unstreitig erbrachten Handwerkerleistungen. Die statische Berechnung habe der ordnungsgemäßen und sicheren Durchführung des Austausches von tragenden Stützelementen für das Dach des Wohnhauses gedient und sei in einem Haushalt erbracht worden.

Ort der Berechnung steht unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt nicht entgegen

Laut FG besteht auch ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zu einem Haushalt. Ein solcher ergebe sich auch aus der Besprechung vor Ort und Inaugenscheinnahme des Hauses. Eine Aufspaltung nach dem Leistungsort der Berechnung erscheine "gekünstelt" und widerspreche dem Gesetzeszweck, der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Entscheidend sei, dass die Leistung der Wohnung der Kläger zugutekomme.

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.07.2019 - 1 K 1384/19

Redaktion beck-aktuell, 7. Oktober 2019.