EuGH: Mindestgröße für Polizisten kann Frauen diskriminieren

Eine Regelung, die als Kriterium für die Zulassung zu einer Polizeischule unabhängig vom Geschlecht eine Mindestkörpergröße vorsieht, kann eine unerlaubte Diskriminierung von Frauen darstellen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 18.10.2017 entschieden. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist eine solche Maßnahme unter Umständen nicht notwendig, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Polizei zu gewährleisten (Az.: C-409/16).

Mindestgröße unabhängig vom Geschlecht

Mit Entscheidung des Leiters der griechischen Polizei wurde ein Auswahlverfahren für die Zulassung zur griechischen Polizeischule für das akademische Jahr 2007/2008 bekannt gegeben. In dieser Bekanntmachung wurde eine Bestimmung des griechischen Rechts übernommen, wonach alle Bewerber unabhängig von ihrem Geschlecht mindestens 1,70 Meter groß sein müssen. Maria-Eleni Kalliri wurde die Teilnahme an dem Auswahlverfahren für den Zugang zur Polizeischule verweigert, weil sie die vorgeschriebene Größe nicht erreichte.

EuGH soll Vereinbarkeit mit EU-Recht prüfen

Kalliri war der Ansicht, dass sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden sei, und erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Dioikitiko Efeteio Athinon (Verwaltungsberufungsgericht Athen). Das Dioikitiko Efeteio Athinon hob die Entscheidung auf und stellte fest, dass das griechische Gesetz den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit zwischen Männern und Frauen verletze. Der Innenminister und der Minister für nationales Erziehungswesen und Religionsangelegenheiten legten gegen diese Entscheidung Berufung beim Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) ein. Dieser fragt den EuGH, ob das Unionsrecht (RL 76/207/EWG) einer nationalen Regelung entgegensteht, die für alle Bewerber männlichen oder weiblichen Geschlechts für das Auswahlverfahren für die Zulassung zur Polizeischule eine einheitliche Mindestkörpergröße festsetzt.

EuGH bejaht mittelbare, aber nicht unbedingt unzulässige Diskriminierung

Der EuGH hat entschieden, dass die Festsetzung einer einheitlichen Mindestkörpergröße für alle Bewerber zu einer mittelbaren Diskriminierung führt, da sie eine sehr viel höhere Zahl von Personen weiblichen Geschlechts als männlichen Geschlechts benachteilige. Eine solche Regelung stelle jedoch keine verbotene mittelbare Diskriminierung dar, wenn zwei Voraussetzungen, deren Vorliegen das nationale Gericht zu überprüfen habe, erfüllt seien: Die Regelung müsse erstens durch ein rechtmäßiges Ziel, wie das Bemühen, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Polizei zu gewährleisten (BeckRS 2016, 82679 und NVwZ 2015, 427), sachlich gerechtfertigt sein. Zweitens müssten die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein.

Weniger nachteilige Maßnahmen kommen als Alternativen in Betracht

Zwar könnten bestimmte Tätigkeiten der Polizei die Anwendung körperlicher Gewalt erfordern und besondere körperliche Fähigkeiten erforderlich machen. Dennoch würden andere Polizeiaufgaben wie der Beistand für den Bürger und die Verkehrsregelung offenkundig keinen hohen körperlichen Einsatz erfordern. Auch wenn im Übrigen angenommen werden sollte, dass alle von der griechischen Polizei ausgeübten Aufgaben eine besondere körperliche Eignung erfordern, sei eine solche Eignung nicht zwangsläufig mit dem Besitz einer Mindestkörpergröße verbunden. Das Ziel, die wirksame Erfüllung der Aufgabe der griechischen Polizei zu gewährleisten, könnte jedenfalls mit Maßnahmen erreicht werden, die für Frauen weniger nachteilig sind als eine Vorauswahl der Bewerber zur Überprüfung ihrer körperlichen Fähigkeiten.

EuGH, Urteil vom 18.10.2017 - C-409/16

Redaktion beck-aktuell, 18. Oktober 2017.