EuGH droht Polen mit Zwangsgeld bei weiterem Holzschlag in heimischem Urwald

Der Europäische Gerichtshof hat Polen angewiesen, das Abholzen des geschützten Urwalds Bialowieza sofort einzustellen. Andernfalls droht dem EU-Land ein Zwangsgeld von 100.000 Euro pro Tag. Nur Ausnahmen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit ließen die Richter zu. Dies geht aus einem am 20.11.2017 veröffentlichten Beschluss des Gerichtshofs hervor, mit dem er eine Anordnung der EU-Kommission bestätigte (Az.: C-441/17 R).

EU-Kommission betrachtet Abholzung als Verstoß gegen EU-Schutzrichtlinien

Die polnische Regierung hatte den Holzeinschlag im Schutzgebiet 2016 erlaubt und dies mit dem Kampf gegen den Borkenkäfer begründet. Befallene Bäume würden nicht illegal, sondern konform mit EU-Regeln gefällt, um eine Zerstörung des Waldes zu verhindern. Die EU-Kommission sieht indes einen Verstoß gegen EU-Schutzrichtlinien und verklagte Polen vor dem EuGH, weil es sich nicht an eine Aufforderung zum Stopp des Abholzens hielt. Das Verfahren ist eines von mehreren, das die EU-Kommission derzeit gegen Polen führt. Ein Rechtsstaatsverfahren betrifft die jüngsten Justizreformen der nationalkonservativen Regierung in Warschau, die nach Auffassung von Experten eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit in Polen darstellen.

Ständige Rechtsverletzungen könnten zum Entzug des Stimmrechts im EU-Ministerrat führen

Die EU-Kommission will durch ihre Einmischung die Unabhängigkeit der polnischen Justiz wiederherstellen, die nach Meinung von Experten durch bereits verabschiedete und geplante Reformen nicht mehr gegeben ist. Bislang konnten allerdings keine Erfolge verzeichnet werden. Deswegen droht die Kommission seit einigen Monaten sogar mit der Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags. Dieses wäre in der EU ein einmaliger Vorgang. Artikel 7 EUV sieht nämlich vor, dass Staaten, die schwerwiegend und fortdauernd gegen europäische Grundprinzipien verstoßen, das Stimmrecht bei Abstimmungen im EU-Ministerrat entzogen werden kann.

EuGH, Beschluss vom 20.11.2017 - C-441/17 R

Redaktion beck-aktuell, 21. November 2017 (dpa).