EuGH: Prüfung der Haftbedingungen vor Anwendung eines EU-Haftbefehls

Justizbehörden müssen die Haftbedingungen in einem anderen Land penibel prüfen, bevor sie einem Europäischen Haftbefehl stattgeben. Voraussetzung sei, dass es zuvor objektive und zuverlässige Belege für mangelhafte Haftbedingungen gebe, befanden die Richter des Gerichtshofs der Europäischen Union am 15.10.2019 in Luxemburg. Dann müsse geprüft werden, ob dem Betroffenen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe (Az.: C-128/18).

OLG Hamburg: Wie intensiv sind Haftbedingungen nach EU-Recht zu prüfen?

Hintergrund ist ein Fall vor dem Oberlandesgericht Hamburg, das über die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehles aus Rumänien entscheiden muss. Die Hamburger Richter wollten vom EuGH unter anderem wissen, wie intensiv die Haftbedingungen nach EU-Recht geprüft werden müssen.

EuGH: Bei Prüfung der Haftbedingungen sind alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen

Die Luxemburger Richter entschieden nun, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden müssten. Dazu zählten etwa der persönliche Raum in der Zelle und die Bewegungsfreiheit des Gefangenen. Gegebenenfalls müssten weitere Informationen eingeholt werden. Für den persönlichen Raum gibt es nach EU-Recht allerdings keine Mindestgröße, wie die Richter feststellten.

Als Maßstab gilt die EU-Konvention zum Schutz der Menschenrechte

Grundlage sei deshalb die EU-Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Der Gefangene müsse sich in der Zelle normal bewegen können. Im Fall des Haftbefehls aus Rumänien sei eine “starke Vermutung“ unmenschlicher Behandlung begründet, weil dem Gefangenen in einer Gemeinschaftszelle weniger als drei Quadratmeter persönlicher Raum zu Verfügung stünden. Besteht tatsächlich die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, dürfen die Behörden dem Urteil zufolge nicht in die Entscheidung einfließen lassen, welchen Einfluss die Entscheidung auf die künftige Zusammenarbeit mit den Behörden des anderen Landes haben könnte.

EuGH, Urteil vom 15.10.2019 - C-128/18

Redaktion beck-aktuell, 15. Oktober 2019 (dpa).