EuGH: Angestellte und verbeamtete Lehrer müssen gleiche an Dienstzeit gebundene Besoldungsstufenzulage erhalten

Nach der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge haben Lehrer, die Vertragsbedienstete in der öffentlichen Verwaltung sind, Anspruch auf die gleiche Besoldungsstufenzulage wie verbeamtete Lehrer mit dem gleichen Dienstalter, sofern die einzige Voraussetzung für die Gewährung der Zulage darin besteht, dass eine bestimmte Dienstzeit zurückgelegt wurde. Dies stellt der Europäische Gerichtshof klar (Urteil vom 20.06.2019, Az.: C-72/18, BeckRS 2019, 11790).

Angestellter Lehrer verlangt Besoldungsstufenzulage

Daniel Ustariz Aróstegui wurde 2007 vom Bildungsministerium der Regierung von Navarra (Spanien) mit einem befristeten öffentlich-rechtlichen Vertrag als Lehrer eingestellt. Seitdem ist er in verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig. 2016 beantragte Aróstegui bei dem Ministerium, ihm die Besoldungsstufenzulage zuzuerkennen, die verbeamtete Lehrer mit dem gleichen Dienstalter wie er erhalten. Nachdem sein Antrag zurückgewiesen worden war, erhob er Klage beim Verwaltungsgericht Pamplona.

Spanisches Verwaltungsgericht: Zulage verbeamteten Lehrern vorbehalten

Dieses führt aus, die derzeit in Navarra geltende Regelung sehe als einzige sachliche Voraussetzung für die Zahlung der Besoldungsstufenzulage ein Dienstalter von sechs Jahren und sieben Monaten in der vorangehenden Besoldungsstufe vor, sodass der Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe im Lauf der Zeit automatisch erfolge. Des Weiteren gehe die nationale Regelung aufgrund dessen, dass die Besoldungsstufe als ein den Beamten vorbehaltener Mechanismus der Entwicklung in einer Berufslaufbahn ausgestaltet sei, davon aus, dass die Besoldungsstufenzulage zu den persönlichen Bezügen zähle, die dem Beamtenstatus inhärent seien; dieser Status stelle daher eine persönliche Voraussetzung für ihre Gewährung dar.

Befristung darf nach EU-Recht grundsätzlich nicht zu Schlechterstellung führen

Die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG verbietet es, befristet beschäftigte Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Beschäftigungsbedingungen gegenüber Dauerbeschäftigten in einer vergleichbaren Situation allein aufgrund der Befristung ihrer Beschäftigung schlechter zu behandeln, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

Verwaltungsgericht Pamplona legt Sache EuGH vor

Da das Verwaltungsgericht Pamplona wissen möchte, ob Art und Zweck der Besoldungsstufenzulage einen sachlichen Grund darstellen können, der die schlechtere Behandlung von Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung rechtfertigt, hat es beschlossen, den EuGH mit dieser Frage zu befassen.

EuGH bejaht Ungleichbehandlung

Der EuGH sieht in der Gewährung der Besoldungsstufenzulage eine "Beschäftigungsbedingung" im Sinn der Rahmenvereinbarung, da die einzige sachliche Voraussetzung für ihre Gewährung darin besteht, dass eine Dienstzeit von sechs Jahren und sieben Monaten zurückgelegt wurde. Zu prüfen sei, ob sich die fraglichen Beamten und Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung in einer vergleichbaren Situation befinden. Dies sei Sache des für die Würdigung des Sachverhalts allein zuständigen Verwaltungsgerichts Pamplona. Der EuGH führt aus, dass es zwischen den Aufgaben, Leistungen und beruflichen Pflichten eines verbeamteten Lehrers und eines als Vertragsbediensteter in der öffentlichen Verwaltung tätigen Lehrers keinen Unterschied gibt. Daher sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Situation eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers wie Ustariz Aróstegui mit der eines im Dienst des Ministeriums stehenden Dauerarbeitnehmers vergleichbar ist. Somit liege eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern vor, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden.

Zulage weist keinen Unterschied zu bloßer Dienstaltersprämie auf

Zu prüfen sei, ob es einen "sachlichen Grund" gibt, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass der bloße Umstand, dass die Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung befristet tätig sind, für sich genommen keinen "sachlichen Grund" im Sinn der Rahmenvereinbarung darstellen kann. Der Ausschluss der Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung von der Besoldungsstufenzulage könne daher nur dann gerechtfertigt werden, wenn die dem Beamtenstatus inhärenten Merkmale für die Gewährung dieser Vergünstigung tatsächlich ausschlaggebend sind. Hierzu führt der EuGH aus, dass die Gewährung der in Rede stehenden Zulage offenbar nicht mit dem Aufstieg des betreffenden Beamten in eine höhere Besoldungsstufe zusammenhängt, sondern mit dem Dienstalter. Die einschlägige Regelung sehe nämlich lediglich vor, dass nach Ablauf einer bestimmten Dienstzeit ein Anspruch auf die genannte Zulage besteht, sodass es keinen Unterschied zu einer bloßen Dienstaltersprämie gibt.

Kein sachlicher Grund für Ungleichbehandlung zu sehen

Somit werde die in Rede stehende Zulage, vorbehaltlich der Überprüfung durch das Verwaltungsgericht Pamplona, den Beamten allein deshalb gewährt, weil sie die erforderliche Dienstzeit zurückgelegt haben, und sei für ihre Stellung im Rahmen der Regelung über die berufliche Entwicklung irrelevant. Der Gerichtshof zieht daraus den Schluss, dass im konkreten Fall kein "sachlicher Grund" vorliegt, der den Ausschluss der Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung, die die erforderliche Dienstzeit zurückgelegt haben, von der in Rede stehenden Vergütungszulage rechtfertigen kann.

EuGH, Urteil vom 20.06.2019 - C-72/18

Redaktion beck-aktuell, 24. Juni 2019.