EuG setzt Geldbuße gegen Slovak Telekom und Deutsche Telekom herab

Ein Beschluss der Kommission zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen auf dem slowakischen Telekommunikationsmarkt ist teilweise nichtig. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit zwei Urteilen vom 13.12.2018 entschieden. Eine gesamtschuldnerisch gegen die Slovak Telekom a.s. und die Deutsche Telekom AG verhängte Geldbuße sowie eine allein gegen die Deutsche Telekom AG verhängte Geldbuße wurden zwar im Grundsatz bestätigt, aber herabgesetzt (Az.: T-827/14 und T-851/14).

Zugang für alternative Anbieter erforderlich

Die Slovak Telekom a.s. hatte auf dem slowakischen Telekommunikationsmarkt bis 2000 ein gesetzliches Monopol. Sie ist heute in der Slowakei der größte Anbieter von Telekommunikations- und Breitbandinternetdiensten. Die Deutsche Telekom AG ist zu mehr als 50% an ihr beteiligt. Im Zuge der Anfang des Jahrhunderts eingeleiteten Liberalisierung des slowakischen Telekommunikationsmarkts wurde Slovak Telekom verpflichtet, alternativen Anbietern zu transparenten, fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen und damit verbundenen Diensten zu gewähren.

Kommission: Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

Mit Beschluss vom 15.10.2014 stellte die Kommission fest, dass das Unternehmen, das Slovak Telekom und die Deutsche Telekom gebildet hätten, in Bezug auf die Breitbandinternetdienste in der Slowakei vom 12.08.2005 bis zum 31.12.2010 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen habe. Der entbündelte Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen von Slovak Telekom sei verweigert worden.

Unfaire Preise

Außerdem seien alternativen Anbietern unfaire Preise angeboten worden. Beim Zugang zu den Breitbandinternetdiensten sei die Marge zwischen den Preisen auf Vorleistungsebene und gegenüber Endkunden beschnitten worden (sogenannte Preis-Kosten-Schere). Wegen dieser Zuwiderhandlung verhängte die Kommission gegen Slovak Telekom und die Deutsche Telekom gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 38.838.000 Euro. Wegen Rückfälligkeit (BeckRS 2010, 91187) und eines hohen Gesamtumsatzes wurde gegen die Deutsche Telekom AG eine zusätzliche Geldbuße in Höhe von 31.070.000 Euro verhängt. Slovak Telekom und die Deutsche Telekom erhoben gegen den Beschluss der Kommission beim EuG Klage.

Entscheidung überwiegend bestätigt

Die Feststellung der Kommission, dass das Unternehmen, das Slowak Telekom und die Deutsche Telekom gebildet haben, seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt habe, bestätigte das Gericht mit seinen jetzt ergangenen Urteilen größtenteils. Es erklärte den Beschluss der Kommission jedoch teilweise für nichtig und setze die verhängten Geldbußen herab.

Unentbehrlichkeit des Zugangs muss nicht dargelegt werden

Wie das EuG betonte, seien Betreiber mit beträchtlicher Macht auf dem Markt wie Slovak Telekom nach den einschlägigen Rechtsvorschriften verpflichtet, entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu gewähren. Nach den einschlägigen Rechtsvorschriften sei es also eindeutig erforderlich, dass Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen von Slovak Telekom besteht, um auf dem slowakischen Markt der Breitbandinternetdienste die Entstehung und Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs zu ermöglichen. Die Feststellung, dass das Verhalten des Unternehmens wettbewerbswidrig war, setzte deshalb nach Auffassung des EuG nicht den Nachweis voraus, dass der Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen für potenzielle Wettbewerber unentbehrlich gewesen wäre.

Besondere Nachweispflicht in Bezug auf vier Monate

Zu der Frage, ob die Kommission eine Margenbeschneidung nachgewiesen hat, stellte das Gericht fest, dass die Kommission bei der Untersuchung der einzelnen Jahre des Zeitraums von 2005 bis 2010 bei den letzten vier Monaten des Jahres 2005 eine positive Marge festgestellt hat. Deshalb habe die Kommission hinsichtlich der Ausschlusswirkungen der Verhaltensweise der Margenbeschneidung bei diesen vier Monaten eine besondere Nachweispflicht gehabt. Im vorliegenden Fall habe die Kommission aber nicht nachgewiesen, dass die Preispolitik, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war, vor dem 01.01.2006 solche Ausschlusswirkungen gehabt hätte. Das Gericht erklärte den angefochtenen Beschluss daher insoweit für nichtig und setzte die gegen Slovak Telekom und die Deutsche Telekom gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße von 38.838.000 Euro auf 38.061.963 Euro herab.

Individuelles Verhalten der Muttergesellschaft erforderlich

Abschließend wies das Gericht darauf hin, dass die Haftung der Muttergesellschaft, wenn sie sich bloß von der ihrer Tochtergesellschaft ableitet, nur dann über die ihrer Tochtergesellschaft hinausgehen darf, wenn weitere Faktoren das der Muttergesellschaft vorgeworfene Verhalten individuell charakterisieren. Nach Auffassung des Gerichts ist die Rückfälligkeit der Muttergesellschaft, der Deutschen Telekom, ein Faktor, der deren Verhalten individuell charakterisiert, und somit rechtferigen kann, dass die Kommission gegen sie eine zusätzliche Geldbuße verhängt.

Umsatz kein zulässiger Faktor

Hingegen sei der Umsatz der Deutschen Telekom kein Faktor, der deren individuelles Verhalten bei der Verwirklichung der Zuwiderhandlung charakterisiert, so dass er bei der Berechnung der zusätzlichen Geldbuße, die gegen diese Gesellschaft verhängt wurde, nicht zugrunde gelegt werden durfte. Das Gericht reduzierte die gegen die Deutsche Telekom verhängte zusätzliche Geldbuße daher von 31.070.000 Euro auf 19.030.981 Euro.

EuG, Urteil vom 13.12.2018 - T-827/14

Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2018.