EU verabschiedet Maßnahmen für besseren Zugang blinder und sehbehinderter Menschen zu Literatur

Der Rat der Europäischen Union hat am 17.07.2017 urheberrechtliche Regelungen zu Gunsten blinder, seh- und lesebehinderter Menschen verabschiedet. Dadurch soll diesen Menschen ein besserer Zugang zu Literatur ermöglicht werden, berichtet das Bundesjustizministerium. Die neuen EU-Vorgaben beträfen die Erlaubnis für Blindenbibliotheken, Texte in ein barrierefreies Format zu übertragen, ohne zuvor die Zustimmung des Autors oder Verlegers einzuholen. EU-weit sei jetzt festgelegt, dass etwa Sachbücher, Romane oder Zeitschriften in Braille-Schrift, Großdruck oder Hörbuchfassungen übertragen werden dürfen.

Weiterverbreitung barrierefreier Fassungen ohne Kollision mit Urheberrecht

Außerdem dürfen diese barrierefreien Fassungen an die blinden, seh- und lesebehinderten Menschen verbreitet werden – in analoger Form oder elektronisch, innerhalb eines Mitgliedsstaats oder auch über nationale Grenzen hinweg. Blinde, seh- und lesebehinderte Menschen haben zudem die gesetzliche Erlaubnis, für den Eigengebrauch selbst Texte in ein barrierefreies Format zu übertragen. Die EU setzt damit den Vertrag von Marrakesch um, einen internationalen Vertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), der weltweit eine bessere Versorgung mit barrierefreier Literatur sicherstellen soll.

Maas: Einheitliche Standards für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erinnerte daran, dass der Zugang zu Literatur essentiell für die Teilhabe an Wissen und Kultur sei und dass blinde, seh- und lesebehinderte Menschen es bislang oft schwer hätten, weil Texte nicht in einem für sie geeigneten Format erhältlich seien. "Ich freue mich deshalb sehr, dass es gelungen ist, einheitliche Standards für die blinden-, seh- und lesebehinderten Menschen in ganz Europa einzuführen“, sagte Maas. Deutschland werde diese Standards jetzt zügig umsetzen.

Sinnvolle Weiterentwicklung des deutschen Urhebergesetzes

Die Mitgliedstaaten haben ein Jahr Zeit, um die neuen Vorgaben in ihr nationales Recht umzusetzen. Bereits heute existiert mit § 45a UrhG eine Regelung zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen. Das deutsche Gesetz müsse deshalb nur sinnvoll weiterentwickelt werden, so Maas. Zum Beispiel soll eine Online-Nutzung neu in das Gesetz aufgenommen werden: "Blindenbibliotheken werden die Erlaubnis erhalten, barrierefreie Literatur online für die Begünstigten zur Verfügung zu stellen."

Redaktion beck-aktuell, 18. Juli 2017.