EU-Parlament beschließt Position zum Digital Services Act

Das Europäische Parlament hat gestern in erster Lesung seine Position zum Digital Services Act beschlossen, mit dem Online-Plattformen und Online-Marktplätze stärker in die Verantwortung genommen und illegale Inhalte, Waren und Dienstleistungen sowie Desinformation schärfer bekämpft werden sollen. Nun folgen die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten.

Meldeverfahren zur Entfernung illegaler Inhalte, Waren und Dienstleistungen

Wie das Parlament informiert, sollen mit der geplanten Verordnung Vermittlungsdienstanbieter, insbesondere Online-Plattformen wie soziale Medien und Marktplätze, stärker in die Verantwortung genommen werden. Vorgesehen seien ein Melde- und Abhilfeverfahren sowie Schutzmaßnahmen, um illegale Waren, Dienstleistungen oder Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Anbieter von Hosting-Diensten müssten auf solche Meldungen sofort reagieren. Dabei müssten sie die Art der gemeldeten illegalen Inhalte berücksichtigen und außerdem abschätzen, wie dringend nötig es sei, sie zu entfernen. Stärkere Schutzmaßnahmen sollen zudem verhindern, dass Meldungen auf willkürliche oder diskriminierende Weise bearbeitet werden. Sie sollen dafür sorgen, dass bei der Bearbeitung die Grundrechte geachtet werden – auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ferner sei vorgesehen, dass Online-Marktplätze Händler nach dem Grundsatz "Kenne deinen Geschäftskunden" zurückverfolgen können müssen.

Transparenzpflicht bei Empfehlungsalgorithmen für sehr große Online-Plattformen

Für sehr große Online-Plattformen solle es zusätzliche Vorgaben geben. Um schädliche Inhalte und Desinformation zu bekämpfen, seien Verpflichtungen vorgesehen zu Risikobewertungen, Maßnahmen zur Risikominderung, unabhängigen Prüfungen und Transparenz bei sogenannten Empfehlungssystemen, also Algorithmen, die bestimmen, was Nutzerinnen und Nutzer sehen.

Schutz vor Werbetracking und Einschränkung personalisierter Werbung

Weiter solle es mehr Transparenz und Informationen im Zusammenhang mit gezielter Werbung geben, um Nutzerinnen und Nutzern von Dienstleistungen aufgeklärte Entscheidungen zu ermöglichen. Sie sollen etwa Informationen darüber bekommen, wie ihre Daten zu Geld gemacht werden. Die Verweigerung der Einwilligung dürfe für den Empfänger nicht schwieriger oder zeitaufwändiger sein als deren Erteilung. Werde die Einwilligung verweigert oder widerrufen, müssten den Empfängern andere Optionen für den Zugang zur Online-Plattform angeboten werden, einschließlich "Optionen auf der Grundlage von Werbung ohne Nachverfolgung". Ferner sollen Verfahren der gezielten Ansprache oder Verstärkung, bei denen die Daten von Minderjährigen für die Zwecke der Anzeige von Werbung verwendet würden, ebenso verboten werden wie die Ausrichtung auf Einzelpersonen auf der Grundlage bestimmter Datenkategorien, die eine Ausrichtung auf schutzbedürftige Gruppen ermöglichten.

Recht auf anonyme Nutzung digitaler Dienste

Darüber hinaus sollen Online-Plattformen keine Techniken (sogenannte Dark Patterns) einsetzen dürfen, mit denen sie die Nutzer und Nutzerinnen täuschen oder ihr Verhalten beeinflussen ("Nudging"). Sehr große Online-Plattformen sollen im Hinblick auf Algorithmen, die das Ranking bestimmen, mehr Auswahl bieten. Unter den angebotenen Empfehlungssystemen müsse mindestens eines sein, das nicht auf Profilerstellung beruhe. Weitere im Plenum angenommene Änderungsanträge beträfen die Notwendigkeit, dass Anbieter in ihren Geschäftsbedingungen die Meinungsfreiheit und die Freiheit und den Pluralismus der Medien respektieren müssen, sowie eine neue Bestimmung zum Recht, digitale Dienste anonym zu nutzen und zu bezahlen. Kleinst- und Kleinunternehmen sollen von bestimmten Verpflichtungen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste ausgenommen sein.

Anspruch auf Schadensersatz gegen Plattformen

Wenn eine Plattform ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkomme und dadurch Schäden entstünden, müssten Nutzerinnen und Nutzer digitaler Dienstleistungen oder Organisationen, die sie verträten, die Möglichkeit haben, Schadensersatz zu verlangen.

Redaktion beck-aktuell, 21. Januar 2022.