EU-Kommission will EU-weit besseren Whistleblower-Schutz

Die Europäische Kommission will Whistleblower EU-weit besser schützen. Hierfür soll eine neue Richtlinie sorgen, die Hinweisgebern, die Verstöße gegen das EU-Recht melden, ein hohes Schutzniveau anhand EU-weiter Mindeststandards bieten soll. Mit der neuen Richtlinie will die Kommission "sichere Kanäle" für die Meldung von Missständen sowohl innerhalb einer Organisation als auch an Behörden schaffen. Darüber hinaus sollen Hinweisgeber vor Kündigungen, Zurückstufungen und anderen Repressalien geschützt sein und nationale Behörden werden verpflichtet, die Bürger zu informieren und öffentliche Stellen im Umgang mit Hinweisgebern zu schulen.

EU-weiter Schutz bei Meldung von Verstößen gegen EU-Recht

Der am 23.04.2018 vorgelegte Vorschlag soll EU-weiten Schutz bei der Meldung von Verstößen gegen das EU-Recht in den Bereichen öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, kerntechnische Sicherheit, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Schutz der Privatsphäre, Datenschutz und Sicherheit von Netz- und Informationssystemen gewährleisten. Die neuen Vorschriften sollen außerdem bei Verstößen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Körperschaftsteuer-Vorschriften sowie bei Schädigungen der finanziellen Interessen der EU zur Anwendung kommen. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, über diese Mindeststandards hinauszugehen und darauf aufbauend umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen.

Klare Pflichten für Arbeitgeber

Alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als zehn Millionen Euro sollen nach dem Vorschlag ein internes Verfahren für den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern einführen müssen. Auch alle Landes- und Regionalverwaltungen und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern würden von der neuen Richtlinie erfasst.

Klare Meldekanäle und dreigliedriges Meldesystem

Die erforderlichen Schutzmechanismen sollen klare Meldekanäle innerhalb und außerhalb der Organisation umfassen, um die Vertraulichkeit zu wahren. Zudem soll es ein dreigliedriges Meldesystem geben, bestehend aus internen Meldekanälen, Meldungen an die zuständigen Behörden und Meldungen in der Öffentlichkeit/den Medien. Meldungen an die zuständigen Behörden sollen danach erfolgen, wenn interne Kanäle nicht funktionieren oder nach vernünftigem Ermessen nicht funktionieren können, also zum Beispiel, wenn die Nutzung interner Kanäle die Wirksamkeit von Untersuchungsmaßnahmen der zuständigen Behörden gefährden könnte. Meldungen in der Öffentlichkeit/den Medien sollen erfolgen, wenn nach der Meldung über andere Kanäle keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden oder wenn eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses oder die Gefahr eines irreparablen Schadens besteht.

Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen und Haftung

Die Richtlinie sieht außerdem Rückmeldepflichten für Behörden und Unternehmen vor‚ die innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren und sie weiterverfolgen müssen. Jegliche Vergeltungsmaßnahmen sollen untersagt und geahndet werden. Wenn ein Hinweisgeber Vergeltungsmaßnahmen erleidet, soll er Zugang zu kostenloser Beratung und angemessenen Abhilfemaßnahmen erhalten (zum Beispiel Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz oder zur Vermeidung einer Entlassung). Die Beweislast soll nach dem Richtlinienvorschlag in solchen Fällen umgekehrt werden, sodass die von der Meldung betroffene Person oder Organisation nachweisen muss, dass sie keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergreift. Hinweisgeber sollen auch in Gerichtsverfahren geschützt werden, etwa indem sie von der Haftung für offengelegte Informationen befreit werden.

Sicherungsmaßnahmen bei unlauterem Handeln der Hinweisgeber

Mit dem Vorschlag sollen laut Kommission verantwortungsvolle Hinweisgeber geschützt werden, die tatsächlich im öffentlichen Interesse handeln wollen. Daher enthalte der Vorschlag auch Sicherungsmaßnahmen, durch die in böser oder missbräuchlicher Absicht getätigte Meldungen unterbunden und Rufschädigungen vermieden werden sollen. Für die von der Meldung eines Hinweisgebers betroffenen Personen gelte die Unschuldsvermutung, und sie hätten das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, ein faires Verfahren und Verteidigung.

Schutz von Hinweisgebern derzeit uneinheitlich geregelt

Derzeit sei der Schutz von Hinweisgebern in der EU uneinheitlich geregelt, erläutert die Kommission ihren Vorstoß. So sorgten nur zehn EU-Mitgliedstaaten dafür, dass Hinweisgeber uneingeschränkt geschützt werden. Die übrigen Länder gewährten nur teilweisen Schutz in bestimmten Wirtschaftszweigen oder für gewisse Kategorien von Arbeitnehmern. Der Vorschlag der Kommission stütze sich auf die Empfehlung des Europarates zum Schutz von Whistleblowern aus dem Jahr 2014, wonach die Mitgliedstaaten über einen normativen, institutionellen und justiziellen Regelungsrahmen verfügen sollten, um Personen zu schützen, die im Rahmen ihrer Arbeitsbeziehungen Meldungen machen oder Informationen über Gefahren oder Nachteile für das öffentliche Interesse mitteilen. Die Empfehlung enthalte zudem Grundsätze, um Staaten bei der Einführung oder Überprüfung solcher Rahmen anzuleiten.

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2018.