Verurteilung kam überraschend
Das Urteil kommt überraschend, die Staatsanwaltschaft hatte keine Verurteilung gefordert – unter anderem, weil ein Teil der Tatbestände verjährt sei. Kardinal Barbarin und fünf weiteren Geistlichen wurde vorgeworfen, Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester nicht weiter verfolgt zu haben. Dieser soll in den 1980er Jahren gegen Dutzende Kinder übergriffig geworden sein.
Missbrauchsopfer sagten aus
Ein Opferverein hatte das Verfahren angestrengt, das im Januar begann. "Ich habe nie versucht, diese schrecklichen Taten zu verbergen, geschweige denn sie zu vertuschen", hatte Barbarin zum Prozessauftakt gesagt. Die Anwälte der Verteidigung sprachen von einem Schauprozess. Während des dreitägigen Verfahrens hatten auch Missbrauchsopfer ausgesagt. "Das ist historisch", sagte Gino Hoel, Direktor der französischen Zeitschrift "Golias", die sich mit religiösen Themen beschäftigt, dem Sender Franceinfo. "Wenn Kardinal Barbarin nicht zurücktritt, wäre das undenkbar." Der Kardinal kündigte nach seiner Verurteilung seinen Rücktritt an. Er werde diesen beim Papst einreichen, sagte er.
Entscheidung kurz nach erstem Vatikan-Gipfel zum Thema Missbrauch
Der preisgekrönte Berlinale-Spielfilm "Grâce à Dieu" (deutscher Titel: Gelobt sei Gott) von François Ozon setzt sich fiktiv mit den Vorkommnissen in Lyon auseinander. Das Urteil kommt nun kurz nach dem ersten Gipfel zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche im Vatikan und nur wenige Tage vor der beginnenden Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz.