EGMR macht Weg frei für Abschiebung terrorverdächtigen Tunesiers

Der Weg für die Abschiebung des terrorverdächtigen Tunesiers Haikel S. aus Hessen ist frei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt sich der Ausweisung nicht entgegen, wie eine Sprecherin am 07.05.2018 mitteilte. Das Straßburger Gericht habe den Antrag des Mannes auf eine sogenannte vorläufige Maßnahme abgelehnt. Das bedeutet, dass die Richter aus Straßburg Deutschland nicht dazu auffordern, mit der Abschiebung nach Tunesien weiter zu warten.

BVerfG lehnte Eilantrag des Tunesiers ab

Zuvor hatte bereits das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde des inhaftierten Mannes abgelehnt. Die Abschiebung eines Gefährders in ein Zielland, in dem ihm die Verhängung der Todesstrafe droht, verstoße nicht gegen das Grundgesetz, wenn eine Vollstreckung der Todesstrafe ausgeschlossen sei, hieß es in dem Beschluss aus Karlsruhe (Az.: 2 BvR 632/18, BeckRS 2018, 7600). Vor dem BVerfG hatten schon die höchsten deutschen Verwaltungsrichter den Eilantrag des Mannes gegen seine Abschiebung abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht verwies dabei auf ein seit Jahren bestehendes Moratorium in Tunesien, nach dem eine drohende Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange oder zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe umgewandelt wird (BeckRS 2018, 5387).

Hesssischer Innenminister spricht von Präzedenzfall

Wann der als Gefährder eingestufte Terrorverdächtige Deutschland verlässt, war zunächst unklar. Nach Angaben des hessischen Innenministeriums soll die Rückführung nun “zeitnah erfolgen“. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach von einem "Präzedenzfall für deutsche Gerichte", der "hoffentlich in Zukunft auch die Verfahrensdauer deutlich senken“ werde. Ein 15-monatiges Verfahren stelle für alle Beteiligten eine erhebliche Belastung dar, die zukünftig begrenzt werden müsse. Hessen versucht schon länger, den Terrorverdächtigen nach Tunesien abzuschieben. Die Ermittlungsbehörden werfen ihm vor, für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Anschlag in Deutschland vorbereitet zu haben. Auch in seinem Heimatland steht er unter Terrorverdacht, er soll unter anderem an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis mit mehreren Toten im März 2015 beteiligt gewesen sein.

Merkel und Bouffier begrüßen Entscheidung

Der Mann war im Februar 2017 bei einer Anti-Terror-Razzia festgenommen worden und wehrte sich bislang erfolgreich dagegen, Deutschland verlassen zu müssen. Haikel S. sitzt derzeit in Hessen in Abschiebehaft. Die vom Amtsgericht Frankfurt verhängte Frist läuft noch bis zum 25.05.2018. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) begrüßten die Entscheidung aus Karlsruhe. Die Richter machten deutlich, “in welchen Fällen die Möglichkeit der Rückführung in ein anderes Land – in diesem Fall Tunesien – besteht“, sagte Merkel nach einem Spitzentreffen der Unionsfraktionschefs in Frankfurt. “Es ist ein Urteil, dass uns Klarheit gibt und auch die Durchsetzung von Rechten möglich macht." Bouffier nannte es "bedauerlich", wenn Verfahren immer und immer mehr in die Länge gezogen werden, obwohl man bei Würdigung aller Umstände eingestehen müsse, dass am Ende die Entscheidungen Bestand haben werden.

Redaktion beck-aktuell, 8. Mai 2018 (dpa).