BVerwG verweist Rechtsstreit um Ausbau der Autobahn A 43 zurück

In einem Rechtsstreit gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Münster für den sechsstreifigen Ausbau der Bundesautobahn A 43 zwischen dem Rhein-Herne-Kanal und der Anschlussstelle Recklinghausen/Herten hat das Bundesverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Sachverhalt müsse noch weiter aufgeklärt werden, so das BVerwG. Dies betreffe zum einen die Auswirkungen eines dem Land Nordrhein-Westfalen bei der Planung unterlaufenen Verfahrensfehlers. Zum anderen müsse das OVG die Sachverhaltsgrundlage für von ihm verhängte zusätzliche Lärmschutzauflagen noch einmal überprüfen (Urteil vom 15.02.2018, Az.: 9 C 1.17).

Anwohnerklage vor OVG teilweise erfolgreich

Die Kläger sind Eigentümer eines selbst genutzten Mehrfamilienhauses in Recklinghausen. An der ihrem Grundstück zugewandten Seite der Autobahn ist eine Lärmschutzwand geplant. Bei deren Bemessung hat der Planfeststellungsbeschluss eine Verkehrsprognose zugrunde gelegt, die allerdings zuvor nicht öffentlich ausgelegt worden war. Die Verkehrsprognose war davon ausgegangen, dass die hier umstrittene A 43 bis zum Jahr 2025 durch einen Lückenschluss der A 52 zwischen dem Autobahnkreuz Essen-Ost und der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Buer-West, der im Bedarfsplan des Bundes als Vordringlicher Bedarf vorgesehen war, teilweise entlastet wird. Das OVG hat die Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen. Es hat das beklagte Land Nordrhein-Westfalen aber verpflichtet, über zusätzliche Lärmschutzauflagen zugunsten der Kläger neu zu entscheiden (BeckRS 2016, 45422). Dabei hat das OVG den in der Verkehrsprognose angenommenen Entlastungseffekt beanstandet, weil für den Lückenschluss der A 52 bislang kein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden sei. Sowohl der Beklagte als auch die Kläger haben gegen dieses Urteil Revision eingelegt.

BVerwG bejaht Verfahrensfehler

Das BVerwG konnte über den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil der Sachverhalt noch weiter geklärt werden muss. Das betrifft nach Angaben des BVerwG zum einen die Rechtmäßigkeit der Planung als solcher. Dem Beklagten sei ein Verfahrensfehler unterlaufen. Dieser liege darin, dass die Verkehrsprognose für das Vorhaben nicht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegt worden ist. Bei einer Straßenplanung gehöre das Verkehrsgutachten grundsätzlich zu den entscheidungserheblichen Berichten, die nach den hier anwendbaren Regelungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung der Öffentlichkeit vorab zugänglich gemacht werden müssen. Ob sich der Fehler unter den hier vorliegenden Umständen auf das Ergebnis ausgewirkt hat, bedürfe allerdings noch weiterer Feststellungen.

Notwendige Einbeziehung der Auswirkungen anderen Straßenbauvorhabens zu prüfen

Weiteren Klärungsbedarf gibt es laut BVerwG auch, soweit das OVG den Beklagten verpflichtet hat, über zusätzliche Lärmschutzauflagen zugunsten der Kläger zu entscheiden. Die belastenden oder entlastenden Auswirkungen eines anderen Straßenbauvorhabens (hier der A 52) seien bei der Verkehrsprognose für das geplante Projekt (hier Ausbau der A 43) nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn für das andere Vorhaben bereits ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden ist. Vielmehr müsse geprüft werden, ob die Verwirklichung des anderen Vorhabens innerhalb des Prognosezeitraums realistischerweise zu erwarten ist. Bei einem Projekt, das in den Bedarfsplan des Bundes als Vordringlicher Bedarf aufgenommen worden ist, dürfe regelmäßig von einer zeitnahen Verwirklichung ausgegangen werden. Bestehen im Einzelfall aber ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte gegen eine zeitgerechte Realisierung des Projektes, dürfe dies nicht unberücksichtigt bleiben. Das OVG müsse unter diesem Gesichtspunkt neu darüber entscheiden, ob der Beklagte von einem Weiterbau der A 52 innerhalb des Prognosezeitraums ausgehen durfte.

BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17

Redaktion beck-aktuell, 19. Februar 2018.