BVerwG: Kein Zeitausgleich für Rüstzeiten nordrhein-westfälischer Polizisten außerhalb Dienstschicht

Nordrhein-westfälische Polizisten, die vor dem Jahr 2017 entgegen der damals bestehenden Erlasslage ihre Ausrüstung bereits vor Beginn der Dienstschicht aufgenommen und erst nach Beendigung der Dienstschicht wieder abgelegt haben, können hierfür keinen Zeitausgleich erhalten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 20.09.2018 entschieden. Maßgeblich seien allein die klaren Vorgaben des Dienstherrn, wonach die Ausrüstung innerhalb der Dienstschichten an- und abzulegen sei, heißt es in der Begründung (Az.: 2 C 44.17 bis 2 C 47.17).

Streit um 15 Minuten pro Schicht

Die Kläger sind Polizeibeamte im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. In ihren Dienststellen bestand in den vergangenen Jahren eine weit verbreitete Praxis, nach der sich zahlreiche Polizeibeamte verpflichtet fühlten, bereits vor Schichtbeginn mit Dingen wie Dienstwaffe und Mehrzweckstock ausgerüstet zu sein und erst nach Schichtende die Ausrüstung wieder abzulegen. So sollte nach Ansicht der Kläger die uneingeschränkte Einsatzfähigkeit der Beamten zu Beginn und am Ende der sich nicht überschneidenden Schichten gewährleistet werden. Nach ihrer Darstellung umfassen die sogenannten Rüstzeiten pro Schicht etwa 15 Minuten. Mit ihren Klagen streben die Kläger einen Zeitausgleich für diese Rüstzeiten seit dem Jahr 2008 an.

OVG verwies auf Grundsatz von Treu und Glauben

Das Oberverwaltungsgericht hatte die Rüstzeiten der Kläger als geleisteten Dienst anerkannt. Es hat ausgeführt, dass die außerhalb der Schichten liegenden Zeiten zwar keine reguläre Arbeitszeit seien, den Klägern könne jedoch ein Ausgleichsanspruch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zustehen. Dabei sei einerseits zu berücksichtigen, dass sie nicht einseitig vom Dienstherrn verpflichtet worden seien, die Rüsttätigkeiten außerhalb der Schicht durchzuführen. Andererseits habe das beklagte Land die entsprechende Praxis in zahlreichen Polizeibehörden des Landes gekannt und hingenommen. Der konkrete Umfang dieses Anspruchs sei allerdings in einem gesonderten Verwaltungsverfahren festzustellen.

BVerwG: Erlasse des Dienstherrn maßgeblich

Auf die Revision des beklagten Landes hat das BVerwG die stattgebenden Entscheidungen der Vorinstanzen jetzt aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Es sei allein Aufgabe des Dienstherrn, kraft seiner Organisationsgewalt die konkreten Arbeitszeiten für die Beamten festzulegen. Insoweit habe das beklagte Land in mehreren Erlassen bestimmt, dass die Polizeibeamten innerhalb der Dienstschichten die Ausrüstung an- und abzulegen haben. Die Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit während des Schichtwechsels sei allein Aufgabe des beklagten Landes. Es stehe den einzelnen Polizeibeamten nicht zu, eigenmächtig von der Erlasslage abzuweichen und dafür einen Ausgleich zu beanspruchen. Aus den tatsächlichen Feststellungen des OVG würden sich auch keine Anhaltspunkte ergeben, dass in den einzelnen Polizeidienststellen gegenteilige Weisungen erteilt worden sind. Die Tatsache, dass zumindest teilweise auch die unmittelbaren Vorgesetzten der Kläger die beschriebene Praxis als dienstliche Notwendigkeit empfunden haben, führe zu keiner anderen Bewertung. Dies vermag nach Auffassung des BVerwG nicht über die klare Erlasslage nicht hinwegzuhelfen.

Neuregelung nicht anwendbar

Die nach Gesprächen mit den Polizeigewerkschaften im Jahr 2017 geänderte Arbeitszeitverordnung Polizei im Land Nordrhein-Westfalen, die nunmehr vorsieht, 12 Minuten pro Schicht für die Rüsttätigkeiten dem Arbeitszeitkonto der Polizeibeamten gutzuschreiben, sei auf die früheren Sachverhalte und auf die hier allein im Raum stehenden Ansprüche aus Treu und Glauben nicht anwendbar.

BVerwG, Urteil vom 20.09.2018 - 2 C 44.17

Redaktion beck-aktuell, 21. September 2018.