BVerwG: Polizist kann wegen Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt entlassen werden

Ein Beamter, der Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt trägt und den "Hitlergruß" zeigt, kann aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.11.2017 entschieden. Identifiziere sich ein Beamter derart mit einer verfassungswidrigen Organisation oder Ideologie, dass er sich entsprechende Symbole eintätowieren lässt, ziehe er außenwirksame Folgerungen aus seiner Überzeugung und bringe eine die verfassungsmäßige Ordnung ablehnende Einstellung zum Ausdruck, was im Wege des Disziplinarverfahrens geahndet werden könne, heißt es in der Begründung des Gerichts (Az.: 2 C 25.17).

Ermittlungsverfahren wurden eingestellt

Der im Disziplinarklageverfahren beklagte Beamte steht als Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst des Landes Berlin. Im Jahr 2007 leitete die Staatsanwaltschaft verschiedene Ermittlungsverfahren ein, in denen dem Beklagten vorgeworfen wurde, an der Erstellung von CDs und Booklets mit volksverhetzenden Liedtexten beteiligt gewesen zu sein, Tätowierungen mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu tragen und in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt zu haben. Diese Ermittlungsverfahren wurden eingestellt, weil dem Beamten nicht habe nachgewiesen werden können, dass er den Hitlergruß im Inland und seine Tätowierungen öffentlich gezeigt habe. Vom Vorwurf der Volksverhetzung wurde der Beklagte freigesprochen, weil nach Auffassung des Strafgerichts nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit habe festgestellt werden können, dass sich das beanstandete Schmählied auf das Tagebuch der Anne Frank bezog.

Disziplinarverfahren blieb zunächst erfolglos

Das Land enthob den Beklagten bereits im Jahr 2007 vorläufig des Dienstes. In dem nach Abschluss der Strafverfahren fortgeführten Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht gegen den Beklagten eine Geldbuße in Höhe von 300 Euro wegen ungenehmigter Nebentätigkeiten verhängt, den Beklagten von den übrigen Anschuldigungen aber freigestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückgewiesen.

BVerwG: Strafbarkeit treuepflichtwidriger Verhaltensweisen nicht entscheidend

Auf die Revision des klagenden Landes hat das BVerwG jetzt den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Beamte stünden in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, aufgrund dessen sie zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ermächtigt werden können. Sie müssten sich daher zu der Verfassungsordnung, auf die sie vereidigt worden sind, bekennen und für sie eintreten. Wer die freiheitlich-demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ablehnt, sei für die Ausübung eines öffentlichen Amtes nicht geeignet. Auf die Strafbarkeit treuepflichtwidriger Verhaltensweisen komme es dabei nicht an.

Körper als Kommunikationsmedium

Die Treuepflicht eines Beamten könne auch durch das Tragen von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt verletzt werden. Zwar stelle eine Tätowierung zunächst nur eine Körperdekorierung dar. Durch diese werde der Körper indes bewusst als Kommunikationsmedium eingesetzt. Mit einer Tätowierung sei eine plakative Kundgabe verbunden, zu der sich der Träger schon angesichts ihrer Dauerhaftigkeit in besonders intensiver Weise bekenne.

Gesamtwürdigung des Verhaltens maßgeblich

Die Beurteilung, ob ein Beamter seine Treuepflicht verletzt hat, setze eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens voraus. Dies gelte bei Tätowierungen angesichts des oft nicht eindeutigen Aussagegehalts bildhafter Gestaltungen in besonderer Weise. Da der Beklagte nicht nur Tätowierungen von Runenzeichen und Emblemen rechtsextremistischer, rassistischer Musikgruppen trage, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt, mit einer Hakenkreuzflagge posiert und nationalsozialistische Devotionalien in seiner Wohnung verwahrt habe, sei sein durch die Tätowierungen dokumentiertes Bekenntnis als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von den Prinzipien der Verfassungsordnung zu werten, die zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe.

BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 - 2 C 25.17

Redaktion beck-aktuell, 17. November 2017.