BVerwG: Berliner Besoldung nicht amtsangemessen - BVerfG soll entscheiden

Die Besoldung der Beamten des Landes Berlin in den Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 war in den Jahren 2008 bis 2015 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen, für die Richterbesoldung in den Besoldungsgruppen R 1 bis R 3 gilt dies jedenfalls für die Jahre 2009 bis 2015. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Beschlüssen vom 22.09.2017 entschieden und dem Bundesverfassungsgericht insgesamt acht Verfahren zur Besoldung im Land Berlin zur Entscheidung vorgelegt (Az.: 2 C 56.16 bis 2 C 58.16; 2 C 4.17 bis 2 C 8.17).

OVG: Nur zwei der fünf vom BVerfG entwickelten Parameter erfüllt

Die Kläger sind Polizei- und Feuerwehrbeamte sowie Richter im Dienst des Landes Berlin. Sie hatten in den Jahren 2008 bis 2010 erfolglos eine verfassungswidrige Unteralimentation bei ihrem Dienstherrn gerügt. Klage- und Berufungsverfahren sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte angenommen, dass nur zwei der fünf vom BVerfG entwickelten Parameter für die Vermutung der Verfassungswidrigkeit der Besoldung erfüllt seien; deshalb bestehe kein Anlass für eine weitergehende Prüfung.

BVerwG: Schwellenwerte in besonders deutlicher Weise überschritten

Das BVerwG ist dem nicht gefolgt. Die Besoldung erweise sich schon bei Anwendung der vom BVerfG vorgegebenen relativen Vergleichsmethode als nicht angemessen. Dabei könne offen bleiben, ob der Nominallohnindex für Berlin trotz regionaler Besonderheiten eine hinreichende Aussagekraft besitzt. Dahinstehen könne auch, ob für den Quervergleich der Besoldung eine Betrachtung allein mit der Bundesbesoldung anzustellen ist. Denn jedenfalls für zwei wesentliche Parameter (Vergleich der Besoldungsentwicklung zu den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst und zum Verbraucherpreisindex) seien die Schwellenwerte in besonders deutlicher Weise überschritten. Damit würden ausreichende Indizien vorliegen, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen.

Qualitätssichernde Funktion der Besoldung für Richter nicht mehr gewährleistet

Die danach anzustellende Gesamtbetrachtung ergebe ein einheitliches Bild und lasse vernünftige Zweifel am Vorliegen einer verfassungswidrigen Unteralimentation nicht zu. Zunächst zeige der Vergleich mit den durchschnittlichen Einkommen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit entsprechender Qualifikation und Verantwortung, dass die Beamten und Richter des Landes Berlin deutlich geringere Einkünfte erzielen. Für die Richter sei zudem die vom BVerfG geforderte qualitätssichernde Funktion der Besoldung nicht mehr gewährleistet. Dies zeige sich an der Absenkung der Einstellungsanforderungen bei gleichzeitiger deutlicher Verbesserung der Berliner Examensergebnisse.

Besoldungsniveau ist fehlerhaft

Bei der Besoldung der Beamten habe der Berliner Gesetzgeber schließlich auch die absolute Untergrenze einer verfassungsgemäßen Alimentation unterschritten. Nach der Rechtsprechung des BVerfG müsse sich die Beamtenbesoldung vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung jedenfalls um 15% abheben. Diese Anforderung sei im Land Berlin nicht eingehalten worden. Die Fehlerhaftigkeit des Besoldungsniveaus in den unteren Besoldungsgruppen führe zwangsläufig auch zu einem Mangel der hier in Rede stehenden Besoldungsgruppen. Da der Gesetzgeber keine bewusste Entscheidung zur Neustrukturierung des Abstands zwischen den Besoldungsgruppen getroffen habe, führe die erforderliche Anpassung der untersten Besoldungsgruppe notwendigerweise zu einer Verschiebung des Gesamtgefüges.

BVerwG, Beschluss vom 22.09.2017 - 2 C 56.16

Redaktion beck-aktuell, 22. September 2017.