BVerwG: Dienstherr darf sich nicht auf Reisekostenverzicht eines Lehrers für Klassenfahrt berufen

Die Abfrage der Schulleitung, ob eine Lehrkraft im Fall nicht ausreichender Haushaltsmittel auf eine ihr zustehende Reisekostenvergütung für eine Klassenreise teilweise verzichtet, kann dazu führen, dass sich der Dienstherr auf eine solche Verzichtserklärung nicht berufen kann. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Urteil vom 23.10.2018, Az.: 5 C 9.17).

Realschullehrer verzichtet teilweise auf Reisekostenvergütung

Der Kläger, der als beamteter Realschullehrer im Dienst des beklagten Landes stand, hatte im Jahr 2013 bei seiner Schulleitung die Genehmigung einer Abschlussfahrt nach Berlin beantragt. Das dafür verwendete Antragsformular entsprach der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn für außerunterrichtliche Veranstaltungen. Darin wurde unter anderem abgefragt, ob die Lehrkraft ganz oder teilweise auf eine Reisekostenvergütung verzichte. Der Kläger verzichtete teilweise. Nach seiner Rückkehr wurden ihm unter Hinweis auf seine Teilverzichtserklärung statt der beantragten Reisekostenvergütung in Höhe von 197 Euro vom Beklagten lediglich 88 Euro bewilligt.

BVerwG: Berufen auf Verzicht unzulässige Rechtsausübung

Während das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Zahlung weiterer Reisekosten in Höhe des Differenzbetrages von rund 109 Euro verurteilt hat (VG Karlsruhe, BeckRS 2015, 43660), hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen (VGH Mannheim, NVwZ 2017, 82). Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Beklagte könne sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf den Teilverzicht des Klägers auf Reisekostenvergütung berufen, betont das BVerwG. Denn dabei handele es sich um eine unzulässige Rechtsausübung.

Abfrage verletzt beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz

Die entsprechende Abfrage verletze den beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz, weil sie die wohlverstandenen Interessen des Klägers nicht in gebührender Weise berücksichtige, sondern allein der Umsetzung der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn diene, so die BVerwG-Richter.. Danach seien Genehmigungen außerunterrichtlicher Veranstaltungen durch den Schulleiter nur im Rahmen der verfügbaren Mittel möglich, es sei denn, der teilnehmende Lehrer verzichte vorher ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung.

Konflikt durch Koppelung von Genehmigung und Verzicht

Diese Koppelung zwischen Genehmigung und Verzicht bei – wie im vorliegenden Fall – nicht ausreichenden Haushaltsmitteln für alle im Schuljahr vorgesehenen Veranstaltungen, setze den Lehrer einem Konflikt aus. Dieser habe entweder auf seinen Anspruch auf Reisekostenvergütung (teilweise) verzichten oder verantworten müssen, dass die Abschlussfahrt nicht stattfindet. Dass eine Abschlussfahrt stattfinden sollte, entsprach dabei den von der Gesamtlehrerkonferenz beschlossenen Grundsätzen, an die der Kläger gesetzlich gebunden war.

Teilverzicht läuft Zweck des Anspruchs auf Reisekostenvergütung entgegen

Nach der vom Dienstherrn erlassenen Verwaltungsvorschrift komme außerunterrichtlichen Veranstaltungen bei der Erfüllung der erzieherischen Aufgaben der Schule besondere Bedeutung zu, stellte das BVerwG weiter klar. Dem Kläger sei so auch die Verantwortung dafür zugewiesen worden, ob er eine staatliche Aufgabe unter Verzicht auf seinen ungeschmälerten Anspruch auf Reisekostenvergütung erfülle. Hinzu komme, so die Bundesrichter, dass der Kläger mit seinem Teilverzicht diese staatliche Aufgabe mit privaten Mitteln finanziere. Dies laufe aber dem Zweck des Anspruchs auf Reisekostenvergütung zuwider, nach dem der Dienstherr in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht seinen Bediensteten notwendige dienstliche Reiseaufwendungen abnehmen soll.

BVerwG, Urteil vom 23.10.2018 - 5 C 9.17

Redaktion beck-aktuell, 24. Oktober 2018.