BVerwG: 52-Stunden-Woche bei Leipziger Feuerwehr – OVG muss über Freizeitausgleich neu entscheiden

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen Bautzen muss erneut über Klagen von Leipziger Feuerwehrbeamten entscheiden, die einen Freizeitausgleich für eine über 48 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit verlangen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 19.04.2018 entschieden. Das OVG müsse noch einmal prüfen, ob ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehe, und dazu die Zulässigkeit der Arbeitszeitverlängerung klären (Az.: 2 C 36.17 und 2 C 40.17).

Freizeitausgleich für 52-Stunden-Woche gefordert

Die reguläre Arbeitszeit für Feuerwehrbeamte beträgt einschließlich des Bereitschaftsdienstes 48 Stunden pro Woche. Ab dem Jahr 2008 gaben zahlreiche Feuerwehrbeamte, unter ihnen auch die Kläger, Erklärungen ab, bis zu 52 Stunden pro Woche Dienst zu leisten. So sah sich die Stadt Leipzig in der Lage, den Dienst in 24-Stunden-Schichten einzuteilen. Beamte, die eine solche Erklärung nicht abgaben, wurden im 12-Stunden-Schichtdienst geführt. Im November 2013 erhoben die Kläger gegen ihre Arbeitszeit sowie deren Abrechnung und Abgeltung Widerspruch, soweit die Arbeitszeit über 48 Stunden pro Woche hinausging.

OVG verpflichtete Beklagte zu Zeitausgleich – allerdings nicht rückwirkend

Widerspruch und Klage hatten jeweils keinen Erfolg. Auf die Berufung der Kläger verpflichtete das OVG die Beklagte zu einem Zeitausgleich für Arbeitsstunden, die über 48 Stunden pro Woche hinausgingen. Der Anspruch bestehe allerdings erst ab dem Monat nach Erhebung des Widerspruchs im November 2013 und nicht rückwirkend. Kläger und Beklagte legten dagegen Revision ein.

BVerwG verneint Anspruch auf Ausgleich für "Mehrarbeit"

Das BVerwG hat die Berufungsurteile teilweise aufgehoben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das OVG zurückverwiesen. Zwar habe dieses zutreffend entschieden, dass den Beamten kein Ausgleich wegen sogenannter Mehrarbeit zusteht. Mehrarbeit sei immer nur die ausnahmsweise angeordnete oder genehmigte zusätzliche Arbeit, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehe. Im Streit stehe aber gerade eine Erweiterung der regelmäßigen Arbeitszeit.

Unionsrechtlicher Haftungsanspruch aber erneut zu prüfen

Laut BVerwG muss das OVG aber erneut prüfen, ob die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben sind. Nach der europäischen Arbeitszeitrichtlinie könne die freiwillige Mehrarbeit (über 48 Stunden hinaus) zulässig sein, wenn denjenigen Beamten, die eine entsprechende Erklärung nicht abgäben, deswegen kein Nachteil drohe. Ein solcher Nachteil sei gegeben, wenn der Dienstherr die Verweigerung der Arbeitszeitverlängerung negativ sanktioniert oder wenn die Alternative – hier: der Dienstplangestaltung – sich im Rahmen einer Gesamtschau aller tatsächlichen und rechtlichen Folgen der Weigerung als objektiv negativ darstellt. Ungünstige Umstände, die der Dienstherr bereits kompensiert habe – etwa durch Geld- oder Zeitausgleich –, hätten bei dieser Gesamtbetrachtung unberücksichtigt zu bleiben. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichten für eine solche Gesamtbetrachtung nicht aus.

Umfang des Ausgleichsanspruchs darf nicht pauschal ermittelt werden

Die Verfahren seien auch deshalb an das OVG zurückzuverweisen, weil der Umfang des Ausgleichsanspruchs nicht – wie vom OVG vorgenommen – pauschal, sondern durch konkrete Ermittlung der einzelnen Dienststunden zu bestimmen sei, die über das geschuldete Maß von 48 Stunden pro Woche hinausgingen.

BVerwG, Urteil vom 19.04.2018 - 2 C 36.17

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2018.