BVerwG befürchtet Welle von Infrastruktur-Klagen

Das Bundesverwaltungsgericht rechnet mit einem neuen Schwung von Klagen gegen große Infrastrukturprojekte. Mehrere Gesetzesänderungen 2020 führten dazu, dass das Gericht für weitere Themengebiete zuständig sein werde, sagte sein Präsident Klaus Rennert am Mittwoch. Dazu zählten Offshore-Windparks, neue Eisenbahn- und Wasserstraßenprojekte und Vorhaben, die sich aus dem Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen ergeben.

Erstinstanzliche Verfahren sehr zeitaufwendig

Das BVerwG wäre für Klagen dagegen in erster und letzter Instanz zuständig. Rennert sieht diese Entwicklung nicht unbedingt positiv. Der Charakter des Gerichts werde dadurch verändert. Wie die anderen Bundesgerichte sei es als Rechtsmittelinstanz konzipiert. Wenn die Leipziger Richter immer mehr erstinstanzliche Verfahren auf den Tisch bekämen, ändere sich die Arbeitsweise. Diese Verfahren – zum Beispiel in der Vergangenheit zur Elbvertiefung oder zum Fehmarnbelttunnel – seien sehr aufwendig. Schon jetzt nähmen die Prozesse zu den großen Infrastrukturprojekten ein Drittel der Arbeitszeit des Gerichts ein. Mehr dürfe es nicht werden, sagte Rennert.

"Corona"-Verfahren haben BVerwG noch nicht erreicht

Die Corona-Pandemie habe das BVerwG dagegen bisher noch nicht weiter beschäftigt. Anders sehe das bei den Verwaltungsgerichten und den Oberverwaltungsgericht in den Ländern aus. Diese seien mit einer außerordentlich hohen Zahl an Eilanträgen oder Normenkontrollverfahren gegen die Corona-Regeln konfrontiert worden. Er rechne damit, dass die ersten Revisionsverfahren das Gericht in Leipzig in diesem und im nächsten Jahr erreichen werden, sagte Rennert.

Beschäftigte soweit möglich im Homeoffice

Auch das BVerwG arbeitet seit einem Jahr im Pandemie-Modus. Wo immer möglich, sollen die rund 210 Beschäftigten ins Homeoffice ausweichen. Bei den Verhandlungen hat das Gericht die Möglichkeit geschaffen, dass Kläger und Beklagte sich per Video zuschalten können. Reine Online-Verhandlungen seien aber nicht zulässig: Die Richter müssen im Saal anwesend sein. Am BVerwG gibt es derzeit 58 Richterstellen und rund 150 weitere Beschäftigte.

Redaktion beck-aktuell, 3. März 2021 (dpa).