Bundesverfassungsrichter Masing rügt polnische Regierung wegen Justizumbau

Der deutsche Bundesverfassungsrichter Johannes Masing hat Polens Regierung wegen ihrer umstrittenen Justizreformen scharf kritisiert. Die Warschauer Regierenden würden "autoritäre, antirechtsstaatliche und antidemokratische Züge" entwickeln, sagte er der Stuttgarter Zeitung (Ausgabe vom 20.01.2018).

Polnische Regierung treibt Justizumbau voran

Polens Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) treibt seit mehr als zwei Jahren einen umstrittenen Umbau der Justiz voran, der neben dem Verfassungsgericht auch weitere Justizbehörden wie den für die Ernennung von Richtern zuständigen Landesjustizrat und das Oberste Gericht umfasst.

EU-Kommission hat Rechtsstaatsverfahren eingeleitet

Neben Rechtsexperten sieht auch die EU-Kommission die Unabhängigkeit des polnischen Gerichtswesens in Gefahr und leitete erstmals in der Geschichte der Gemeinschaft ein Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten ein. Polens Regierung bestreitet die Vorwürfe und argumentiert, die Justiz müsse dringend reformiert werden, viele Richter seien korrupt.

Masing: Reform unterbindet effektive Regierungskontrolle

Masing, der seit zehn Jahren dem Ersten Senat des BVerfG angehört, sagte unter anderem, das polnische Verfassungsgericht sei nach einer Reform nicht mehr in der Lage, die Regierung effektiv zu kontrollieren. Die offizielle polnische Begründung für die Reform bezeichnete er als vorgeschoben. Das Rechtsstaatsverfahren der EU-Kommission begrüßte er: "Was in Polen geschieht, rührt am Kern der europäischen Idee".

Redaktion beck-aktuell, 22. Januar 2018 (dpa).