Bundestag beschließt moderate Organspende-Reform

Die Bundesbürger sollen künftig stärker zu einer konkreten Entscheidung über Organspenden bewegt werden. Der Bundestag beschloss am 16.01.2020 einen Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock, der dafür etwa regelmäßige Hinweise auf das Thema beim Ausweisabholen vorsieht. In der entscheidenden dritten Lesung votierten 432 Abgeordnete dafür, 200 Parlamentarier stimmten dagegen, 37 enthielten sich. Damit bleiben Organspenden in Deutschland nur mit ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt. Zuvor hatte der Bundestag einen Vorstoß einer Abgeordnetengruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abgelehnt, der dieses Prinzip mit einer "doppelten Widerspruchslösung" umgekehrt hätte.

Regelmäßiges Thematisieren soll mehr Spender bringen

Nach der Regelung des Spahn-Vorschlags wäre jeder Bürger Spender gewesen, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Der nun beschlossene Gesetzentwurf der Gruppe um Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping lehnte einen derart tiefen Eingriff in die Selbstbestimmung ab. Stattdessen sollen alle Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt angesprochen werden. Wer ab dem Alter von 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt Informationsmaterial bekommen. Beim Abholen soll man sich dann vor Ort oder auch später zu Hause in ein neues Online-Register eintragen können - mit Ja oder Nein. Selbst beraten sollen Ämter ausdrücklich nicht.

Mehr Gelegenheiten zum Auseinandersetzen mit dem Thema Organspende

Für eine regelmäßige Aufklärung sollen auch Hausärzte eine größere Rolle spielen. Sie sollen Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern - aber ergebnisoffen und mit dem Hinweis, dass es weiter keine Pflicht zu einer solchen Erklärung gibt. Grundwissen über Organspenden soll auch Teil der Erste-Hilfe-Kurse vor einer Führerscheinprüfung werden. Im Online-Register sollen Entscheidungen jederzeit zu ändern sein.

Zu wenig Spender

Gemeinsames Ziel beider Initiativen ist es, angesichts von rund 9.000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen. Die Zahl der Spender ging 2019 wieder leicht auf 932 zurück, nachdem 2018 noch 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere Patienten überlassen hatten. Es gab aber weiterhin mehr Spender als beim bisherigen Tiefstand von 797 im Jahr 2017. Im vergangenen Jahr wurden 2.995 Organe an die Vermittlungsstelle Eurotransplant übergeben - vor allem Nieren, Lebern und Lungen.

Gesetzesänderung brachte erleichterte Bedingungen in der Umsetzung

Unabhängig von der Debatte über neue Regeln gilt seit 2019 ein Gesetz, das die Bedingungen für Organspenden in Kliniken verbessern soll. Es sieht mehr Geld sowie mehr Kompetenzen und Freiräume für Transplantationsbeauftragte der Kliniken vor. Mobile Ärzteteams sollen kleineren Häusern ohne eigene Experten helfen, einen Hirntod als Voraussetzung für Organ-Entnahmen festzustellen.

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2020 (dpa).