Bundestag debattiert über Impfpflicht für Gesundheitsberufe
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© Kay Nietfeld / dpa

Der Bundestag berät an diesem Dienstag erstmals über die geplante Corona-Impfpflicht für Personal in Kliniken und Pflegeheimen. Die Pläne der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP sehen außerdem vor, dass Impfungen künftig auch von Zahnärzten oder Apothekern durchgeführt werden können. Die Länder sollen darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, in Hotspots auch schärfere Corona-Maßnahmen wie Restaurantschließungen zu ergreifen.

Impfpflicht in Gesundheitsberufen

Für bestimmte Berufsgruppen soll künftig eine Impfpflicht gegen das Coronavirus gelten. Das geht aus einem Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/188) der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP hervor, der in dieser Woche im Bundestag beraten wird und am Freitag verabschiedet werden soll. Zur Begründung verweisen die Fraktionen auf die besondere Verantwortung des Personals in Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen. Hier komme es zu intensiven und engen Kontakten zu Personengruppen mit einem hohen Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf. Ein verlässlicher Schutz vor dem Coronavirus durch eine sehr hohe Impfquote beim Personal in diesen Berufen sei deshalb wichtig, heißt es im Gesetzentwurf.

Ab März 2022: Ohne Impfnachweis keine Tätigkeit

Zum Schutz vulnerabler Gruppen müssten daher in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen geimpft oder genesen sein oder ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Covid-Impfung haben. Für bestehende und bis zum 15.03.2022 einzugehende Tätigkeiten sei die Vorlagepflicht bis zum 15.03.2022 zu erfüllen. Neue Arbeitsverhältnisse können ab dem 16.03.2022 in diesen Einrichtungen nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises eingegangen werden, heißt es im Entwurf weiter. Bei Zweifeln an der Echtheit des Nachweises kann das Gesundheitsamt laut Gesetzentwurf Ermittlungen einleiten und es kann einer Person, die keinen Nachweis vorlegt, die Tätigkeit in einer solchen Einrichtung oder einem Unternehmen untersagen.

Mehr Personal für Booster-Impfungen

Um die Auffrischungsimpfungen zu beschleunigen, sollen dem Gesetzentwurf zufolge auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker vorübergehend Impfungen gegen das Coronavirus verabreichen dürfen, sofern sie entsprechend geschult sind. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sowie der erweiterte Kreis der Impfberechtigten sollen evaluiert werden.

Finanzielle Hilfe für Krankenhäuser

Für in der Coronakrise besonders belastete Krankenhäuser ist kurzfristig ein finanzieller Ausgleich vorgesehen. Damit sollen finanzielle Folgen und Liquiditätsengpässe für Krankenhäuser, die planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschoben oder ausgesetzt haben, vermieden werden. In Krankenhäusern, die Corona-Patienten behandeln, wird zudem die Einhaltung bestimmter Mindestmerkmale aus dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) vorübergehend von der Abrechnungsprüfung ausgenommen.

Verlängerung von Sonderregelungen

Ferner werden die Ende Juni 2021 ausgelaufenen pandemiebedingten Sonderregelungen für virtuelle Versammlungen, etwa Betriebsversammlungen, bis zum 19.03.2022 wieder eingeführt. Sie können einmal verlängert werden. Auch soll die Übergangsregelung zu den Mehrbedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Werkstätten bis zum 31.03.2022 verlängert werden. Schließlich sollen die Sonderregelungen zur Gewährleistung der Handlungsfähigkeit etwa für Rechtsanwaltskammern, Notarkammern und Wirtschaftsprüferkammern bis zum 30.06.2022 verlängert werden.

Schärfere regionale Maßnahmen

Bei sehr kritischer Lage sollen die Länder - wenn ihre Parlamente das beschließen - härtere Beschränkungen für Freizeit oder Sport anordnen können. Ausgangsbeschränkungen, pauschale Geschäfts- und Schulschließungen sind nach einem ersten Ampel-Gesetz ausgeschlossen - nun soll laut Entwurf präzisiert werden, dass Versammlungen und Veranstaltungen untersagt werden können, die keine geschützten Demonstrationen sind: damit sind insbesondere größere Sportveranstaltungen gemeint. Klargestellt werden soll, dass Schließungen etwa der Gastronomie und Verbote von Kongressen möglich sind - aber von Fitnesscentern und Schwimmhallen nicht. Einzelne Länder hatten kurz vor Ende der "Epidemischen Lage von nationaler Tragweite" am 25.11.2021 noch auf dieser alten Rechtsgrundlage umfassendere härtere Maßnahmen beschlossen. Diese können bisher bis 15.12.2021 in Kraft bleiben. Laut dem Entwurf soll diese Frist bis 15.02.2022 verlängert werden.

Ampel verteidigt Regelungen im Bundestag

Die Ampel-Parteien haben im Bundestag ihre Pläne verteidigt. Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gehe es um eine Güterabwägung, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar am Dienstag in Berlin. Sie verwies darauf, dass sich hilfsbedürftige Menschen etwa in Pflegeheimen nicht aussuchen könnten, von wem sie behandelt würden. Eine hohe Impfquote in diesen Einrichtungen sei unabdingbar. Auch die Gesundheitspolitikerinnen der Grünen und der FDP, Maria Klein-Schmeink und Christine Aschenberg-Dugnus, argumentierten mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit dem Schutz der besonders gefährdeten Menschen, die in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen behandelt und betreut werden. Die aktuelle Corona-Situation sei "sehr ernst", das zwinge zum Handeln, sagte Aschenberg-Dugnus.

Kritik von Union und AfD

Von Union und AfD kam scharfe Kritik. Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Stracke sagte, das Vorgehen der Ampel sei keine effiziente Pandemiebekämpfung. Die Maßnahmen kämen zu spät. "Sie versuchen Lücken zu schließen, die Sie selber aufreißen." AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf den Ampel-Parteien Wahlbetrug vor. "Die Impfpflicht für Pflegekräfte (...) ist ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen". Das Gesetz sei eine "unerhörte Grenzüberschreitung". In einem Antrag sprach sich die Fraktion gegen die Einführung einer Impf-Pflicht aus. Die Einführung einer solchen Impf-Pflicht wäre für die Fraktion ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, der die Kriterien der Verhältnismäßigkeit nicht erfüllen würde.

Redaktion beck-aktuell, 7. Dezember 2021 (ergänzt durch Material der dpa).