Bundesregierung beschließt Hilfen für Land- und Ernährungswirtschaft

Das Bundeskabinett hat am 23.03.2020 Maßnahmen beschlossen, die sicherstellen sollen, dass der Landwirtschaft trotz der aktuellen Krisensituation genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Hintergrund sind unter anderem die Ausgangssperre in Rumänien sowie die Furcht polnischer Saisonarbeiter, bei ihrer Rückreise aus Deutschland in Quarantäne zu müssen, die zu einer sinkenden Zahl von Saisonarbeitern führen werden. Durch die beschlossenen Maßnahmen soll die Lebensmittelversorgung in Deutschland sichergestellt werden.

Anerkennung als systemrelevante Infrastruktur

Beschlossen wurde am 23.03.2020 die Anerkennung der Land- und Ernährungswirtschaft als systemrelevante Infrastruktur. Dies macht es etwa hinsichtlich Quarantänemaßnahmen und Betriebsschließungen möglich, dass diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des notwendigen Gesundheitsschutzes aufrecht erhalten bleibt.

Ausweitung der bisherigen "70-Tage-Regelung"

Saisonarbeitskräfte dürfen bis zum 31.10.2020 eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben. Bisher war das für bis zu 70 Tage möglich. Diese Maßnahme soll die Mobilität und somit die Infektionsgefahr reduzieren. Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland und auch dazu bereit sind, können laut Bundeslandwirtschaftsministerium so länger hier arbeiten. Das Kriterium der Berufsmäßigkeit für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft gelte weiterhin.

Erleichterte Arbeitnehmerüberlassung

Das Bundesarbeitsministerium will eine Auslegungshilfe vorlegen, wonach Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise ohne Erlaubnis möglich ist und das streng auszulegende Kriterium "nur gelegentlich" dem nicht entgegensteht. Die Regelung soll es ermöglichen, flexibel auf die Krise und auf mögliche Personalverschiebungen zwischen den Wirtschaftszweigen (in Richtung Ernährungs- und Landwirtschaft) reagieren zu können.

Finanziellen Anreiz für Aufnahme einer Saisonarbeit erhöhen

Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung wird übergangsweise bis Ende Oktober 2020 bis zur Höhe des Nettolohns aus dem eigentlichen Beschäftigungsverhältnis nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Mit dieser Regelung soll der finanzielle Anreiz zur Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Saisonarbeitskraft erhöht werden.

Anhebung der Hinzuverdienstgrenze bei Vorruheständlern

Die Hinzuverdienstgrenze bei Vorruheständlern wird in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich angehoben und in der Alterssicherung der Landwirte vollständig aufgehoben. Die Regelung gilt für die gesamte Dauer des Jahres 2020. Auf diese Weise sollen Anreize für eine vorübergehende Beschäftigung in der Landwirtschaft geschaffen werden.

Arbeitszeitflexibilisierung

Die bisher im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Ausnahmeregelungen (Zehn-Stunden-Grenze/ Sechs-Tage-Woche) reichen nach Auffassung des Ministeriums nicht aus, um auf außergewöhnliche Notfälle, insbesondere epidemische Lagen von nationaler Tragweite, schnell, effektiv und bundeseinheitlich reagieren zu können. Das Bundesarbeitsministerium erhält daher eine Verordnungsermächtigung, um in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes, angemessene arbeitszeitrechtliche Regelungen zu erlassen. Im Rahmen der Verordnung werden die landwirtschaftliche Erzeugung, Verarbeitung, Logistik und der Handel mit Lebensmitteln ausdrücklich berücksichtigt.

Kündigungsschutz für Landwirte in Bezug auf Pacht

Landwirten, die aufgrund der Corona-Krise Schwierigkeiten haben, ihre Pacht zu bedienen, darf bis zum 30.06.2020 nicht einseitig gekündigt werden.

Redaktion beck-aktuell, 23. März 2020.