Insolvenzbedingtheit von Arbeitslosengeldbezug trotz Beschäftigung in Transfergesellschaft
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Bei der Wartezeit für die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte sind im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auch dann zu berücksichtigen, wenn aufgrund der Insolvenz eine Beschäftigung in einer Transfergesellschaft zwischengeschaltet war. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.

Vor Arbeitslosengeldbezug befristete Beschäftigung in Transfergesellschaft

Nach 45 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung können Versicherte abschlagsfrei vorzeitig in Rente gehen. Arbeitslosigkeitszeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn werden auf die 45 Jahre in der Regel nicht angerechnet. Etwas anderes gilt gemäß § 51 Abs 3a Satz 1 SGB VI nur, wenn der Bezug des Arbeitslosengeldes durch eine Insolvenz des Arbeitgebers bedingt ist. In diesem Fall zählen anschließende Arbeitslosigkeitszeiten bei der Wartezeit für die abschlagsfreie Rente mit. Im vorliegenden Fall hatte das Bundessozialgericht zu entscheiden, wie es sich verhält, wenn der Versicherte vor dem Bezug von Arbeitslosengeld infolge einer Insolvenz seines Arbeitgebers befristet in eine Transfergesellschaft gewechselt war. Letzteres war in einem dreiseitigen Vertrag zwischen Versicherter, Insolvenzverwalter und Transfergesellschaft vereinbart worden. 

LSG: Arbeitslosengeldbezug durch Arbeitgeberinsolvenz bedingt

Das SG berücksichtigte die Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges nicht, da sie nicht durch die Insolvenz, sondern durch das Befristungsende der Beschäftigung bei der Transfergesellschaft bedingt gewesen seien. Das Landessozialgericht Thüringen entschied im Berufungsverfahren anders und berücksichtigte bei der Berechnung der Wartezeit auch die Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges. Dem Kausalzusammenhang zwischen Insolvenz und Arbeitslosengeldbezug stehe die zwischengeschaltete Beschäftigung in der Transfergesellschaft nicht entgegen. Maßgeblich sei, dass die Arbeitgeberin insolvent wurde und das Arbeitsverhältnis im Rahmen des dreiseitigen Vertrages auch durch eine Willenserklärung des Insolvenzverwalters beendet wurde. 

BSG: Wechsel in Transfergesellschaft lässt Kausalzusammenhang mit Insolvenz nicht entfallen

Das BSG hat das LSG bestätigt. Die formale Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft habe den erforderlichen Kausalzusammenhang mit der Insolvenz des vorherigen Arbeitgebers nicht entfallen lassen. Das Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft sei gerade in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Insolvenz des früheren Arbeitgebers begründet worden. In einem dreiseitigen Vertrag zwischen Insolvenzverwalter, Arbeitnehmer und Transfergesellschaft sei das ursprüngliche Arbeitsverhältnis beendet und ein neues mit der Transfergesellschaft begründet worden. Dieses Zusammenwirken entspreche der Struktur des Gesetzes, wonach der bisherige Arbeitgeber in die Maßnahmen der Transfergesellschaft in verschiedener Hinsicht eingebunden sei.

Transfergesellschaft und Ausschlussvorschrift verfolgen denselben Zweck 

Transfergesellschaften hätten nach dem SGB III die Funktion, den Eintritt von Arbeitslosigkeit bei Beschäftigten zu vermeiden, deren Arbeitsplätze infolge betrieblicher Umstrukturierungen wegfallen. Die Beschäftigten sollten in der Transfergesellschaft weiterqualifiziert und in reguläre Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Insofern werde mit dem Instrument der Transfergesellschaft die gleiche Intention verfolgt wie mit der Ausschlussvorschrift des § 51 Abs 3a Satz 1 Teilsatz 2 SGB VI, nämlich Frühverrentungen zu verhindern. Das sich an den Bezug von Transferkurzarbeitergeld anschließende Arbeitslosengeld sei als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung ebenso wie das Transferkurzarbeitergeld selbst durch die Insolvenz des vorherigen Arbeitgebers bedingt.

BSG, Urteil vom 21.10.2021 - B 5 R 11/20 R

Redaktion beck-aktuell, 22. Oktober 2021.