BRAK sieht Verbesserungsbedarf bei von EU geplanter Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission, die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen zu modernisieren. In einzelnen Punkten sieht sie aber noch Nachbesserungsbedarf, wie aus ihrer Stellungnahme zu den Vorschlägen der Kommission hervorgeht.

Zustellung von Schriftstücken und Beweisaufnahme betroffen

Konkret geht es um die Vorschläge der Kommission für die Überarbeitung der Verordnung (EG) 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und der Verordnung (EG) 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen

Besonderes Augenmerk auf funktionsfähige und kompatible IT-Infrastruktur zu legen

Die BRAK befürwortet in der Stellungnahme die Einführung der elektronischen Übermittlung im Rahmen der grenzüberschreitenden Zustellung von Schriftstücken und der Beweisaufnahme, da dies die Effizienz dieser Vorgänge für die betroffenen Bürger und Unternehmen steigern wird. Jedoch bedürfe ein solches System einer funktionsfähigen und kompatiblen IT-Infrastruktur, sodass in jedem Fall darauf geachtet werden sollte, dass bei den Schnittstellen die bereits existierenden oder im Aufbau begriffenen mitgliedstaatlichen IT-Systeme berücksichtigt und gegebenenfalls Vorgaben zur Kompatibilität gemacht werden. Aufgrund der technischen Komplexität der Schaffung von Schnittstellen und zur Vermeidung kurzfristiger Parallelstrukturen, die nur geschaffen werden, um die vorgegebenen Fristen einzuhalten, sollten ausreichend lange Umsetzungsfristen vorgesehen werden.

Möglichkeit der Annahmeverweigerung sollte an bestimmte Kriterien geknüpft werden

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen an der Zustellungsverordnung (EG) 1393/2007 begrüßte die BRAK, dass eine Annahmeverweigerung wegen der Sprache des Dokuments erschwert werden soll. Es wäre indessen sinnvoll, in Art. 8 einige Kriterien hinsichtlich der Frage aufzuführen, wann ein Empfänger sich als sprachkundig behandeln zu lassen habe. Die BRAK regt in ihrer Stellungnahme darüber hinaus an, in Art. 19 Abs. 5 letzter Satz der Zustellungsverordnung eine Ausnahme von der Unzulässigkeit eines Antrags auf Wiedereinsetzung nach dem Ablauf von zwei Jahren nach dem Erlass einer Entscheidung vorzusehen, wenn in dem Fall außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Videokonferenzen zur Beweisaufnahme: BRAK verweist auf hohe Investitionskosten

Auch die vorgeschlagenen Änderungen der Beweisaufnahmeverordnung (EG) 1206/2001 wurden von der BRAK grundsätzlich begrüßt. So seien Videokonferenzen ein sinnvolles Instrument, um die Kosten für eine grenzüberschreitende Beweisaufnahme und die zeitliche Belastung für den betroffenen Zeugen in Grenzen zu halten. Allerdings werde vielfach bei den zuständigen Gerichten in den Mitgliedsstaaten noch keine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein, um Videokonferenz durchzuführen. Die erforderlichen Investitionen seien daher erheblich, so die BRAK. Das gelte insbesondere für Mitgliedsstaaten mit vielen Gerichten, die Maßnahmen der grenzüberschreitendenden Beweisaufnahme durchführen würden. Es wäre aus Sicht der BRAK daher ausreichend, den Mitgliedsstaaten aufzuerlegen, beispielsweise ab einer bestimmten Einwohneranzahl in einem Gerichtsbezirk eine Videokonferenzmöglichkeit zu schaffen.

Hinweis auf andere internetbasierte Kommunikationsmöglichkeiten mit Kamerafunktion

Ferner weist die BRAK in ihrer Stellungnahme auf eine Alternative zur herkömmlichen Videokonferenz hin. Es gebe mittlerweile auch andere internetbasierte Kommunikationsmöglichkeiten mit Kamerafunktion, die ein Sehen des Sprechers ermöglichen, zum Beispiel CISCO Webex. Diese seien gegebenenfalls leichter auf Rechnern in allen betroffenen Gerichten zu installieren als eine aufwendige Videokonferenzanlage. Dies setze jedoch voraus, so die BRAK, dass die Nutzung dieser webbasierten Dienste sowohl die Vertraulichkeit der Kommunikation als auch die datenschutzrechtlichen Vorschriften wahre.

Redaktion beck-aktuell, 27. September 2018.