BGH: Waschstraßen-Betreiber kann für Auffahrunfall nach Fehlverhalten eines Kunden haften

Betreiber von Kfz-Waschanlagen sind im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, die Fahrzeuge ihrer Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Dazu kann laut Bundesgerichtshof auch der Hinweis auf von den Kunden einzuhaltende Verhaltensregeln gehören, sofern bei einem Abweichen hiervon Schädigungen zu befürchten sind (Urteil vom 19.07.2018, Az.: VII ZR 251/17 – "Auffahrunfall in der Waschstraße"). Ob der Hinweispflicht genügt wurde, muss die Vorinstanz nun prüfen.

Auffahrunfall wegen grundlosen Betätigens der Bremse

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 1.223,19 Euro wegen einer Beschädigung seines Fahrzeugs in einer Waschstraße, die von der Beklagten betrieben wird. Der Kläger befand sich mit seinem BMW in der von der Beklagten betriebenen Waschstraße. Bei dieser handelt es sich um eine vollautomatisierte Anlage, durch die die Fahrzeuge während des Waschvorgangs von einem Schleppband mit einer geringen Geschwindigkeit gezogen werden. Dabei befinden sich die linken Räder auf der Fördereinrichtung, während die rechten Räder frei über den Boden laufen. Vor dem BMW des Klägers befand sich ein Mercedes, hinter dem BMW befand sich ein Hyundai. Während des Waschvorgangs betätigte der Fahrer des Mercedes grundlos die Bremse, wodurch dieses Fahrzeug aus dem Schleppband geriet und stehenblieb, während der BMW sowie der dahinter befindliche Hyundai weitergezogen wurden. Hierbei wurde der BMW auf den Mercedes und der Hyundai auf den BMW geschoben.

Haftung des Anlagenbetreibers strittig

Das Amtsgericht hatte die Beklagte antragsgemäß zu Schadenersatz verurteilt (BeckRS 2015, 124993). Auf die Berufung der Beklagten hatte das Landgericht die Klage abgewiesen (BeckRS 2017, 147423). Mit der vom LG zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der vom Amtsgericht ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten.

Waschstraßen-Betreiber trifft grundsätzlich Sicherungspflicht

Der BGH hat auf die Revision des Klägers das Urteil des LG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs bestehe die Schutzpflicht des Betreibers der Waschstraße, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren.

Zu treffende Sicherheitsvorkehrungen durch Zumutbarkeit begrenzt

Dabei könne allerdings nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Es seien nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Umständen erforderlich und zumutbar sind. Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich laut BGH dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit den Sicherungsvorkehrungen einhergeht. Zu den gebotenen Sicherungsvorkehrungen könne auch die Erfüllung von Hinweispflichten gehören.

Technische Standards eingehalten

Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des LG seien technische Sicherungsvorkehrungen, die ein Auffahren bei einem Bremsvorgang eines vorausfahrenden Fahrzeugs verhindern, bei Waschstraßen nicht üblich. Zudem sei eine ununterbrochene Überwachung der Anlage, sei es durch den Einsatz von Videoanlagen oder durch Mitarbeiter, die neben dem Schleppband mitlaufen, wegen des damit verbundenen technischen und personellen Aufwands nicht zumutbar und unverhältnismäßig.

Kunden über zu beachtende Verhaltensregeln zu informieren

Der Schutz der Rechtsgüter der Benutzer erfordere es, dass von dem Betreiber der Waschstraße nicht nur die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangt wird. Sind Schädigungen zu besorgen, wenn die Kunden bei der Nutzung der Anlage – zwar selten, aber vorhersehbar – nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten, müsse der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkommt. Den Betreiber einer Waschstraße treffe deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.

Einhaltung der Informationspflicht noch zu prüfen

Ob die Beklagte diese Pflicht erfüllt und den Fahrer des Mercedes entsprechend informiert hat, habe das LG nicht geprüft. Dies müsse es nachholen.

BGH, Urteil vom 19.07.2018 - VII ZR 251/17

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2018.