Verfahrensverstöße im Schiedsverfahren

Ist eine Partei wegen offensichtlich fehlerhafter Ablehnung eines Terminverlegungsantrags beim Schiedsgericht anwaltlich nicht vertreten und kann ihr Äußerungsrecht daher nicht sachgerecht nutzen, liegt darin ein Gehörsverstoß. Die Begründung des Aufhebungsantrags muss ferner laut Bundesgerichtshof nicht innerhalb der regelmäßigen dreimonatigen Antragsfrist erfolgen. Einer Verfahrensverzögerung könne das Oberlandesgericht mit einer eigenen Fristsetzung für relevantes Vorbringen vorbeugen.

Arzt hält Schiedsrichter für befangen

Ein Arzt verlangte die Aufhebung eines Schiedsspruchs, der seines Erachtens nach von einem befangenen Schiedsrichter erlassen worden war. Er hatte mit mehreren anderen Medizinern in einer Gemeinschaftspraxis gearbeitet und den Gesellschaftsvertrag im Dezember 2009 gekündigt. Laut einer Schiedsvereinbarung sollten Rechtsstreitigkeiten zunächst vors Schiedsgericht. Dort verklagte er einen Kollegen auf Zahlung von 35.700 Euro für Praxisgebühren, die dieser nicht auf eines der Praxiskonten eingezahlt haben soll. Der Schiedsrichter beabsichtigte, die Sache ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Deswegen lehnte der Akademiker den Unparteiischen wegen Besorgnis der Befangenheit ab, beantragte die mündliche Verhandlung und stellte einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Terminiert wurde nun auf Anfang Februar 2020. Der Arzt teilte mit, dass seine Anwältin schwer erkrankt sei und erst Mitte März mit Verhandlungsfähigkeit zu rechnen sei. Der Schiedsrichter verlegte dann zwar den Verhandlungstermin auf den 10.02.2020, lehnte jedoch den weitergehenden Verlegungsantrag ab. Deshalb wurde er erneut abgelehnt und wieder gerichtliche Entscheidung beantragt. Die Verhandlung fand ohne den Arzt sowie dessen Anwältin statt und es wurde ein Schiedsspruch erlassen. Das OLG Hamburg erklärte diesen für vollstreckbar: Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO, die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 2 ZPO entgegenstehen könnten, lägen nicht vor. Der Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters als Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d ZPO stehe entgegen, dass der Arzt diesen nicht innerhalb der dreimonatigen Frist nach Zugang des Schiedsspruchs begründet vorgetragen habe. Dessen Rechtsbeschwerde hatte beim BGH Erfolg.

Ablehnung eines Terminverlegungsantrags

Dem I. Zivilsenat zufolge kann die Ablehnung des weitergehenden Terminverlegungsantrags des Mediziners zu einem Gehörsrechtsverstoß führen. Für den Fall, dass wie hier eine mündliche Verhandlung stattfinde, begründe der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung. Dieses Verfahrensgrundrecht gelte auch beim Schiedsgericht. Dieses hätte den Verhandlungstermin auf begründeten Antrag der Partei verlegen müssen, wenn dies zur Wahrung der Verfahrensgrundrechte geboten sei. Die Erkrankung der Juristin könne einen beachtlichen Grund darstellen. In aller Regel könne auch nicht sicher festgestellt werden, dass das Ergebnis auch bei Durchführung der Verhandlung identisch gewesen wäre.

Frist zur Darlegung

Die Begründung von Aufhebungsgründen, die einem Schiedsspruch entgegenstehen könnten, unterliegen dabei nicht der regelmäßigen dreimonatigen Frist nach § 1059 Abs. 3 ZPO, so die Bundesrichter. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass die Aufhebungsgründe fristgebunden geltend gemacht werden müssten. Einer Verfahrensverzögerung könne das OLG dadurch vorbeugen, dass es eine Frist setze, innerhalb derer die Aufhebungsgründe mitzuteilen seien. Der BGH verwies die Sache zur inhaltlichen Prüfung eines Ablehnungsgrunds an das OLG zurück.

BGH, Beschluss vom 21.04.2022 - I ZB 36/21

Redaktion beck-aktuell, 16. August 2022.