Stromlieferant muss Kosten von "Stromklau" tragen

Ein Stromversorger, der als Grundversorger auch Haushalten Strom liefert, die keinen Vertrag haben, kann diese Kosten nicht auf den Netzbetreiber abwälzen. Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass die entsprechenden Anschlüsse bis zu einer Sperre kostenmäßig dem Lieferanten zuzurechnen sind.

Nichtzahlende Kunden unerwünscht

Ein Elektrizitätsunternehmen, eine Grund- und Ersatzversorgerin, belieferte Endabnehmer mit Strom auf der Niederspannungsebene. In den Jahren 2014-2016 meldete es gegenüber den Netzbetreibern mehrere Hundert Haushaltskunden von der Belieferung ab und verlangte die Sperrung der jeweiligen Anschlüsse, weil die Kunden ihren Strom nicht bezahlt hatten. Die Betreiber rechneten der Stromlieferantin den trotz fehlenden Rechtsgrunds entnommenen Strom bis zur Anschlusssperre zu. Die Bundesnetzagentur stellte 2018 fest, dass die Lieferantin ihrer Grundversorgungspflicht nachzukommen habe, und bestätigte die Zuweisung des Stroms in deren Bilanzkreis. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte das Unternehmen mit seiner Beschwerde keinen Erfolg. Daher wandte es sich – erfolglos – an den Bundesgerichtshof.

Aktive Abmeldung rechtswidrig

Die bilanzielle Zuweisung auch der Haushalte, die weder vertraglich noch gesetzlich mit dem Grundversorger verbunden sind, ist dem BGH zufolge gesetzlich nach den §§ 36, 38 EnWG gewollt. Sie könne nur ausnahmsweise – und nicht systematisch – verhindert werden, weil der Grundversorger in der Regel einem Kontrahierungszwang und auch einer potenziellen gesetzlichen Leistungspflicht gegenüber dem privaten Verbraucher unterliege. Die faktische Nichtversorgung mit Strom sei ultima ratio, deshalb sei die aktive Abmeldung durch den Stromversorger rechtswidrig.

Interessengerechte Lösung

Diese Entscheidung ist dem Kartellsenat zufolge auch ökonomisch vertretbar, weil die Stromlieferantin mit Nichtzahlern keine Verträge schließen muss und für nichtvertragliche Lieferungen höhere Preise verlangen kann. Die Kosten der "rechtlos" entnommenen Energie entsprächen dem spiegelbildlichen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruch des Stromlieferanten. Komme es zu unberechtigten Stromentnahmen, könne der Anschluss gesperrt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die bilanzielle Stromzuweisung rechtmäßig. Auch im "rechtlosen" Zustand folge diese Zuordnung aus dem Prinzip der Netzstabilität, das den Ausgleich zwischen Einspeisung und Entnahme gewährleisten müsse.

Keine Haftung des Netzbetreibers

Eine Haftung des Netzbetreibers für die unberechtigten Stromentnahmen kommt laut den Karlsruher Richtern nicht in Betracht: Die §§ 6 ff. EnWG sehen vor, dass die Betreiber gerade nur fremden Strom transportieren dürfen (Entflechtungsprinzip). Außerdem kenne nur der Stromlieferant die Daten der Endverbraucher und könne diese Ansprüche deshalb leichter durchsetzen.

Redaktion beck-aktuell, 16. April 2021.