BGH: Sparkasse durfte Prämiensparverträge mit Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen

Sparkassen dürfen Prämiensparverträge ohne Laufzeit nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen, da mit Blick auf das Bonusversprechen zugunsten des Kunden bis zu diesem Zeitpunkt ein konkludenter Kündigungsausschluss gilt. Ein darüber hinaus bestehender Ausschluss des Kündigungsrechts ist im Hinblick auf die unbefristete Laufzeit indes nicht anzunehmen. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.05.2019 entschieden (Az.: XI ZR 345/18).

Kläger wollen an Prämiensparverträgen festhalten

Die Kläger begehren in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestandes dreier Sparverträge. Im Jahr 1996 warb die beklagte Sparkasse für das "S-Prämiensparen flexibel" mit einer Werbebroschüre, in der unter anderem eine Musterrechnung enthalten ist, mit der die Entwicklung eines Sparguthabens über einen Zeitraum von 25 Jahren bei einer monatlichen Sparrate von 150 DM einschließlich der jährlichen Prämienzahlungen dargestellt wird. In den Jahren 1996 und 2004 schlossen die Kläger mit der Beklagten insgesamt drei Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel". Neben einer variablen Verzinsung des Sparguthabens sahen die Verträge erstmals nach Ablauf des dritten Sparjahres die Zahlung einer Prämie in Höhe von 3% der im abgelaufenen Sparjahr erbrachten Sparbeiträge vor. Vertragsgemäß stieg diese Prämie bis zum Ablauf des 15. Jahres auf 50% der geleisteten Sparbeiträge an. Für alle Sparverträge galten die AGB-Sparkassen der Beklagten (Stand: 21.03.2016).

Sparkasse kündigte Verträge wegen niedrigen Zinsumfelds

Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen enthielt folgende Kündigungs-Regelung: "Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen". Unter Hinweis auf das niedrige Zinsumfeld erklärte die Beklagte am 05.12.2016 die Kündigung des Sparvertrages aus dem Jahr 1996 mit Wirkung zum 01.04.2017 sowie die Kündigung der Sparverträge aus dem Jahr 2004 mit Wirkung zum 13.11.2019. Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten erklärten Kündigungen unwirksam seien. Die Klage war vorinstanzlich erfolglos.

BGH: Sparkasse hat Verträge zu Recht gekündigt

Der BGH hat auch die Revision der Kläger zurückgewiesen. Die Sparkasse habe die Sparverträge gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen können. Die Beklagte habe das ordentliche Kündigungsrecht aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen für einen Zeitraum bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe – hier: 15 Jahre – ausgeschlossen. Die Sparverträge seien auf der Grundlage der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Bestimmungen dahin zu verstehen, dass dem Sparer das Recht zukomme, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spare. Die Beklagte habe mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz habe einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Ablauf des – hier – 15. Sparjahres bedingt, weil andernfalls die Beklagte den Klägern jederzeit den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien entziehen könnte.

Kündigungsregelungen nicht zu beanstanden

Der konkludente und zeitlich befristete Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen sei wirksam, da Sparverträge dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung unterlägen. Einen über das Ende des 15. Sparjahres hinauswirkenden Ausschluss des Kündigungsrechts hätten die Parteien dagegen auch im Hinblick auf die unbefristete Laufzeit des Vertrages nicht vereinbart. Nach dem Inhalt der Vertragsantragsformulare habe die Beklagte die Zahlung einer Sparprämie lediglich bis zum 15. Sparjahr versprochen. Ab diesem Zeitpunkt seien die Sparverträge zwar nicht automatisch – mit der Folge der Fälligkeit und Rückzahlung der Spareinlagen – beendet gewesen, sondern liefen weiter. Nach dem Vertragsinhalt hätte der Beklagten aber ab diesem Zeitpunkt ein Recht zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen unter Beachtung der in Nr. 4 Satz 1 der Bedingungen für den Sparverkehr geregelten Auslauffrist von drei Monaten zugestanden.

Kunden können sich nicht auf unverbindliche Aussagen des Werbeflyers berufen

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem von der Beklagten verwendeten Werbeflyer. Die in dem Werbeprospekt enthaltene Musterrechnung, die auf einen Zeitraum von 25 Jahren bezogen sei, stelle lediglich ein Rechenbeispiel dar, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrages verbunden wäre. Diese ergebe sich vielmehr aus den Vertragsantragsformularen, in denen die Beklagte ein Erreichen der höchsten Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr zugesagt habe. Bei den weitergehenden Aussagen handele es sich nach Darstellungsart, Inhalt und Formulierung lediglich um eine werbende Anpreisung der Leistung, der ein durchschnittlicher Sparer eine Änderung oder gar – hier in Bezug auf die Laufzeit – Erweiterung der wechselseitigen Ansprüche und der aus dem Sparvertrag folgenden Rechte, Pflichten und Obliegenheiten nicht entnehmen könne.

BGH, Urteil vom 14.05.2019 - XI ZR 345/18

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2019.