Rechtsmittelführer müssen genau bezeichnet werden

Aus einer Berufungsschrift muss sich klar ergeben, für wen das Rechtsmittel eingelegt wurde. Vertritt ein Anwalt mehrere unterlegene Streitgenossen und benennt den Rechtsmittelführer nicht, gibt es laut Bundesgerichtshof keine Vermutung dafür, dass sich alle gegen das Urteil wehren wollen.

Anwalt benennt Berufungskläger nicht

Zwischen den Parteien herrschte Streit um die Freigabe gerichtlich hinterlegter Beträge aus Grundstücksgeschäften. Vor dem LG Kempten wurden die Klägerin und eine Person, die im Gegenzug von den Beklagten in Anspruch genommen worden war, von einem Anwalt vertreten. Das LG wies die Klage ab und gab der Widerklage sowie Drittwiderklage überwiegend statt. Dagegen legte der Jurist für beide Mandanten Berufung vor dem OLG München ein und schrieb: "In dem Rechtsstreit S., D. u.a. ./. S., B. [...] legen wir [...] Berufung ein." Dem Telefax fügte er die ersten drei Seiten des landgerichtlichen Urteils (Rubrum und Tenor) bei. Das OLG wies darauf hin, dass die Berufung mangels Bezeichnung der Berufungskläger unzulässig sei. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte am 14.02.2020, das Rechtsmittel habe er für beide Klienten eingelegt. Die Berufungseinlegungsfrist war allerdings schon am 04.10.2020 abgelaufen. Das Gericht verwarf die Berufung als unzulässig, weil innerhalb der Berufungsfrist (§ 517 ZPO) nicht zweifelsfrei festgestanden habe, für wen die Berufung eingelegt worden sei.

BGH: Zweifel nicht rechtzeitig beseitigt

Dem stimmte der BGH zu und verwarf die Rechtsbeschwerde am 12.11.2020 als unzulässig. Aus seiner Sicht gehört zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO die Angabe aller Beteiligten, die Rechtsmittelführer sein sollen. In dem Schriftsatz stehe aber nur, dass Berufung eingelegt werde. Zwar sei die Klägerin in dem Rubrum genannt worden, und der Drittwiderbeklagte verstecke sich hinter dem Zusatz "u.a.". Dies sei aber lediglich die Bezeichnung des Verfahrens, in dem Berufung eingelegt werden solle. Ob diese nur für die Klägerin oder nur für den Drittwiderbeklagten eingelegt werde oder ob beide gemeint gewesen seien, ergebe sich daraus nicht. Die Erklärung vom 14.02.2020 sei verspätet erfolgt. Dem V. Zivilsenat zufolge existiert keine Regel, dass immer alle unterlegenen Streitgenossen Rechtsmittel einlegen. Im Gegenteil sei es nicht ungewöhnlich, dass von zwei oder mehr verurteilten Gesamtschuldnern nur einer eine Instanz weiter gehe.

BGH, Beschluss vom 12.11.2020 - V ZB 32/20

Redaktion beck-aktuell, 1. März 2021.