BGH: Prozess gegen syrischen Staatsangehörigen wegen Totschlags verbleibt in Sachsen

Der gegen einen aus Syrien stammenden Angeklagten geführte Prozess wegen Totschlags, der derzeit beim Landgericht Chemnitz rechtshängig ist, verbleibt in Sachsen. Der Bundesgerichtshof hat es abgelehnt, das Verfahren wegen Gefahren für die öffentliche Sicherheit an das Landgericht eines anderen Bundeslandes zu übertragen. Auch bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die zur Entscheidung berufenen Richter des LG Chemnitz rechtes Gedankengut teilten (Beschluss vom 12.03.2019, Az.: 2 ARs 69/19 und 2 AR 48/19).

Verteidigung beantragte Übertragung an LG außerhalb Sachsens, Thüringens und Brandenburgs

Dem aus Syrien stammenden Angeklagten wird vorgeworfen, am 26.08.2018 in Chemnitz gemeinsam mit einem irakisch-stämmigen Mittäter einen Mann durch Messerstiche getötet und einen anderen lebensgefährlich verletzt zu haben. Die Verteidigung des Angeklagten hat beantragt, die Untersuchung und Entscheidung einem LG außerhalb der Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg zu übertragen. Bei Durchführung der Hauptverhandlung in diesen Ländern sei insbesondere wegen der in diesem Jahr dort stattfindenden Landtagswahlen mit rechtsgerichteten und ausländerfeindlich motivierten Demonstrationen sowie mit massiven, von der Polizei nicht beherrschbaren Ausschreitungen zu rechnen. Angesichts dieses Gewaltpotentials könnten die Verfahrensbeteiligten nicht unbeeindruckt und angstfrei urteilen. Zudem bestehe die Gefahr, dass das Gedankengut der rechten Demonstranten seitens der Justizmitarbeiter geteilt werde.

BGH: Sachsen kann Gefahren für öffentliche Sicherheit begegnen – keine Anhaltspunkte für rechtes Gedankengut bei Richtern

Der für Gerichtsstandsbestimmungen zuständige 2. Strafsenat des BGH hat es abgelehnt, das Verfahren gemäß § 15 StPO an ein LG eines anderen Bundeslandes zu übertragen. Im Hinblick auf die Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) komme eine Übertragung nur dann in Betracht, wenn die bestehende Gefahr nicht auf andere Weise als durch einen Eingriff in das gesetzliche Zuständigkeitssystem beseitigt werden kann. Das LG Chemnitz beabsichtige, die Verhandlung in einem besonders gesicherten Saal des Oberlandesgerichts Dresden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen. Dafür, dass die Justiz- und Sicherheitsbehörden des Landes Sachsen nicht in der Lage wären, den vom Angeklagten geltend gemachten Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam zu begegnen, sei nichts ersichtlich. Ebenso wenig bestünden die geringsten Anhaltspunkte dafür, die zur Entscheidung berufenen Richter des LG Chemnitz würden das Gedankengut rechter Demonstranten teilen, beziehungsweise "unter dem Druck der Straße" nicht unbeeindruckt und angstfrei urteilen.

BGH, Beschluss vom 12.03.2019 - 2 ARs 69/19

Redaktion beck-aktuell, 13. März 2019.