Beweis- und Darlegungslast beim gutgläubigen Autokauf
Lorem Ipsum
© Wellnhofer Designs / stock.adobe.com

Wenn sich der Erwerber eines gebrauchten Fahrzeugs auf den gutgläubigen Erwerb von einem Nichtberechtigten beruft, muss der bisherige Eigentümer beweisen, dass der Erwerber sich die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht hat vorlegen lassen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Beim gutgläubigen Erwerb treffe den Erwerber lediglich eine sekundäre Darlegungslast. Dass der Erwerber bösgläubig war, sei vom bisherigen Eigentümer zu beweisen.

Autohaus verkauft geleastes Fahrzeug

Die Klägerin, eine Gesellschaft italienischen Rechts, die Fahrzeuge in Italien vertreibt, kaufte im März 2019 unter Einschaltung eines Vermittlers ein Fahrzeug von einem Autohaus, bei dem das Fahrzeug stand. Eigentümerin des Fahrzeugs war die Beklagte, die es an das Autohaus verleast hatte und die auch im Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II ist. Nach Zahlung des Kaufpreises von 30.800 Euro holte der Vermittler das Auto bei dem Autohaus ab und brachte es zu der Klägerin nach Italien. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Vermittler eine hochwertige Fälschung der Zulassungsbescheinigung Teil II vorgelegt wurde, in der das Autohaus als Halter eingetragen war.

Käuferin und Eigentümerin machen wechselseitig Herausgabeansprüche geltend

Das LG hat die auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten die Klägerin verurteilt, das Fahrzeug herauszugeben. Das OLG hat umgekehrt entschieden und die Beklagte verurteilt, die Zulassungsbescheinigung Teil II an die Klägerin herauszugeben. Die Widerklage hat es abgewiesen. Der BGH hat die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten nun zurückgewiesen: Die Klägerin könne von der Beklagten die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II verlangen, da sie das Fahrzeug gutgläubig erworben habe und somit Eigentümerin des Fahrzeugs geworden sei. Insofern sei die auf die Herausgabe des Fahrzeugs gerichtete Widerklage der Beklagten unbegründet. 

Erwerber trägt sekundäre Darlegungslast, bisheriger Eigentümer trägt Beweislast

Zwar gehöre es nach ständiger BGH-Rechtsprechung zu den Mindesterfordernissen für den gutgläubigen Erwerb eines Gebrauchtwagens, dass sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lässt. Vom Erwerber seien allerdings lediglich die Erwerbsvoraussetzungen im Sinne des § 929 BGB zu beweisen (Einigung und Übergabe). Die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II spiele indes für diese Erwerbsvoraussetzungen keine Rolle, sondern bloß im Rahmen der Gutgläubigkeit. Somit treffe den Erwerber hinsichtlich der Vorlage und Prüfung der Zulassungsbescheinigung Teil II regelmäßig eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Er müsse vortragen, wann, wo und durch wen ihm die Bescheinigung vorgelegt worden ist und dass er sie überprüft hat. Dass diese Angaben nicht zutreffen, müsse sodann jedoch der bisherige Eigentümer beweisen. Im Übrigen träfen den Erwerber auch regelmäßig dann keine weiteren Nachforschungspflichten, wenn ihm eine gefälschte Bescheinigung vorgelegt wird.

Einbehalt der Bescheinigung steht Gutgläubigkeit nicht entgegen

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe mit dem Vortrag zu der Vorlage einer hochwertigen Fälschung ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt und die Beklagte habe den Beweis für die fehlende Gutgläubigkeit der Klägerin nicht geführt, sei nicht zu beanstanden. Das gelte insbesondere für die Auffassung, der gute Glaube der Klägerin sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Autohaus dem Vermittler die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht ausgehändigt habe. Das Berufungsgericht sehe einen plausiblen Grund für den Einbehalt der Bescheinigung darin, dass - wie in dem Kaufvertrag vereinbart - auf diese Weise sichergestellt werden sollte, dass die Klägerin die Gelangensbestätigung übersendet, mit der bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Umsatzsteuerfreiheit nachgewiesen werden kann. Das halte der eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle stand.

BGH, Urteil vom 23.09.2022 - V ZR 148/21

Miriam Montag, 23. September 2022.