Garantenstellung ist besonderes persönliches Merkmal

Die Garantenstellung aufgrund vorangegangen Fehlverhaltens begründet ein besonderes persönliches Merkmal, das nicht ohne Weiteres auf andere Tatbeteiligte übertragen werden kann. Der Bundesgerichtshof klärte damit eine in der Literatur umstrittene Frage. Wer zuvor eine Gefahr geschaffen habe, den treffe die persönliche "Sonderpflicht" weitere Schäden zu verhindern.

Autofahrer hilft Unfallverursacher bei der Spurenbeseitigung

Ein Autofahrer hatte einem Bekannten nach einem Unfall geholfen, die Spuren zu beseitigen. Die Männer waren von einer Kneipe alkoholisiert nach Hause gefahren und hatten beide keine Fahrerlaubnis. Der Bekannte war vorausgefahren. Er nahm einem Radfahrer die Vorfahrt und verletzte diesen tödlich. Der nachfolgende Fahrer hatte den Unfall gesehen, war aber weitergefahren. Auf Bitte seines Freundes kehrte er zur Unfallstelle zurück und schleppte das Fahrzeug des Mitangeklagten ab. Sie ließen das Unfallopfer ohne Hilfe zurück und leiteten keine Rettungsmaßnahmen ein. Dabei gingen sie davon aus, dass das Opfer möglicherweise noch lebte und hätte gerettet werden können. Der Autofahrer wurde deshalb vom LG Aachen wegen Beihilfe zu dem von seinem Mitangeklagten begangenen versuchten Mord aus Verdeckungsabsicht verurteilt.

BGH: Zu weiter Strafrahmen zugrunde gelegt

Der BGH hob den Strafausspruch auf und verwies die Sache an das LG Aachen zurück. Aus seiner Sicht hat das LG zwar Milderungen für Versuch und Teilnahme berücksichtigt, aber nicht die zusätzliche Strafrahmenverschiebung nach §§ 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 StGB. Beim Helfer liege zumindest ein besonderes persönliches Merkmal nicht vor: Die Karlsruher Richter entschieden, dass eine Garantenstellung aus Ingerenz, also aufgrund vorangegangenen Verschuldens, ein solches Merkmal darstellt. Diese Pflicht treffe hier aber nur den Unfallverursacher selbst. Möglicherweise fehle es auch am Merkmal der Verdeckungsabsicht. Das LG habe dieses bezüglich des Gehilfen nicht tragfähig belegt. Der 4. Strafsenat betonte, dass selbst wenn § 28 Abs. 1 StGB aus beiden Gründen einschlägig sein sollte, nur einmal gemildert werden darf.

BGH, Beschluss vom 24.03.2021 - 4 StR 416/20

Redaktion beck-aktuell, 22. April 2021.