BGH: Formularvertragliche Verjährungsverlängerung von Ersatzansprüchen des Vermieters nach Wohnungsrückgabe ist unwirksam

Vermieter können die in § 548 Abs. 1 BGB vorgesehene sechsmonatige Verjährung ihrer Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache nicht durch formularvertragliche Regelungen verlängern. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 08.11.2017 entschieden. Entsprechende Klausel seien wegen unangemessener Mieterbenachteiligung unwirksam (Az.: VIII ZR 13/17).

Mieterin: Ersatzansprüche der Vermieterin verjährt

Die Beklagte war seit 2003 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin. Nach ihrer Kündigung des Mietverhältnisses erhielt die Klägerin die Wohnung Ende Dezember 2014 zurück. Erst mit im Oktober 2015 zugestellter Klage nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 16.000 Euro wegen an der Wohnung eingetretener Schäden in Anspruch. Die Beklagte erhob unter Bezugnahme auf § 548 Abs. 1 BGB die Einrede der Verjährung.

Vermieterin berief sich auf Verjährungsverlängerung in AGB

Die Klägerin verwies auf eine Bestimmung in dem von ihr verwendeten Formularmietvertrag, nach der Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache (ebenso wie Ansprüche des Mieters auf Aufwendungsersatz oder Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen) erst in zwölf Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses verjähren würden. Die von der Klägerin erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Klägerin ging anschließend in Revision.

BGH: Klausel wegen unangemessener Mieterbenachteiligung unwirksam

Der BGH hat entschieden, dass eine Regelung in einem Formularmietvertrag, durch die ein Vermieter die nach dem Gesetz vorgesehene sechsmonatige Verjährung seiner Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache verlängert, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Die im streitgegenständlichen Formularmietvertrag enthaltene Klausel erschwere den Eintritt der Verjährung der in § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB genannten Ansprüche des Vermieters gegenüber der gesetzlichen Regelung in zweifacher Hinsicht. Zum einen werde die Frist, nach deren Ablauf diese Ansprüche verjähren, von sechs auf zwölf Monate verdoppelt. Zum anderen verändere die Klausel zusätzlich den Beginn des Fristlaufs, indem sie nicht auf den Zeitpunkt des Rückerhalts der Sache, sondern auf das (rechtliche) Mietvertragsende abstellt. Beide Regelungsinhalte seien mit wesentlichen Grundgedanken des § 548 BGB nicht zu vereinbaren und stellten bereits aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Dies führe zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Kurze Verjährung durch berechtigte Interessen des Mieters begründet

Denn laut BGH ist die in § 548 Abs. 1 BGB geregelte kurze Verjährung der Ansprüche des Vermieters durch berechtigte Interessen des Mieters im Rahmen der Abwicklung des Mietverhältnisses begründet. Der Mieter habe nach der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter auf diese keinen Zugriff mehr und könne somit ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Demgegenüber werde der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache, an die das Gesetz den Verjährungsbeginn für dessen Ansprüche anknüpfe, in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und er diese durchsetzen oder gegebenenfalls innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erforderliche verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen will. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Prüfung nicht regelmäßig in der vom Gesetz vorgesehen Verjährungsfrist von sechs Monaten vorgenommen werden könnte.

Regelungsziel: Möglichst schnelle Anspruchsklärung

Vor diesem Hintergrund sei es – unter Berücksichtigung der Interessen sowohl des Mieters als auch des Vermieters – das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers gewesen, mit der kurzen Verjährungsregelung in § 548 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine "möglichst schnelle" Klärung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen, so der BGH.

Fristverlängerung von Mieteransprüchen führt zu keiner anderen Bewertung

Laut BGH entfällt die unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht dadurch, dass die streitgegenständliche Klausel spiegelbildlich eine Verlängerung auch seiner Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen und auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung vorsehe. Denn auch die spiegelbildliche Verlängerung beider Verjährungsfristen ändere nichts an dem berechtigten und zentralen Interesse des Mieters an einer möglichst kurzen, an die Rückgabe der Mietsache anknüpfenden Verjährungsfrist. Außerdem komme den in § 548 Abs. 1 BGB genannten Ersatzansprüchen des Vermieters eine große praktische Bedeutung zu, während Streitigkeiten über Wegnahme von Einrichtungen und Aufwendungsersatz des Mieters (§ 548 Abs. 2 BGB) deutlich seltener vorkommen dürften.

BGH, Urteil vom 08.11.2017 - VIII ZR 13/17

Redaktion beck-aktuell, 8. November 2017.